Natürlich war Alfons Haider vollkommen überrascht. Das konnte man ihm ansehen. Schließlich ist Haider Schauspieler. Als Renate Brauner Haider Donnerstagmittag in den Stadtsenatssitzungssaal des Wiener Rathauses führte, weil - so die Wiener Vizebürgermeisterin - auch Michael Häupl zum 50. Geburtstag gratulieren wolle, war Alfons Haider also überrascht. Denn außer Häupl waren da noch ein paar hundert Menschen im Saal. Und Wiens Bürgermeister heftete Haider das goldene Verdienstzeichen der Stadt Wien an. Haider, frisch rasiert und im Sonntagsstaat, hatte davon rein gar nichts geahnt. Obwohl er, wie er später erklärte, Brauner noch darauf hingewiesen hätte, dass das Bürgermeisterbüro nicht sei, wo Brauner hinsteuere. Offiziell war Haider ja nur zur "Jause" bei Brauner geladen gewesen: Der Einladung zur Ehrung hatte der Bürgermeister kleine "Bitte nix verraten"-Kärtchen beigelegt. Und das, betonte Haider in seiner ebenso spontanen wie druckreifen Dankesrede, habe gefruchtet. "Aber nur, weil die Dagmar Koller mich nicht erreicht hat - die hätte sich nämlich gestern Abend bestimmt dafür entschuldigt, dass sie heute nicht kommen kann, weil sie ja in Portugal ist." Doch auch so war Österreich staatstragend vertreten: Der Bogen reichte von Barbara Prammer (Nationalratspräsidentin) bis zu Marika Lichter (Dancingqueen). Und Hannes Androsch erklärte in seiner Laudatio dann, wieso Haider tun und sein kann, was und wie er will, und trotzdem jeder darin immer seine ganz privaten Alfons-Haider-Vorurteile bestätigt findet: "Wenn du dich offen über eine Ehrung freust, gilt das als Beweis deiner Eitelkeit. Und wenn du sagst, dass dir das nicht zusteht oder du damit nichts anfangen kannst, beweist, dass du überheblich bist." Haider freute sich. Offen. Und wirkte, wie gesagt, überrascht. (Thomas Rottenberg, DER STANDARD - Printausgabe, 30. November 2007)