Münster - Mit der Koppelung von Mikrochips an das menschliche Nervensystem befasst sich die Neurobionik. Nun wartet der noch junge Forschungszweig mit einem neuen Implantat auf: dem Magenschrittmacher. Beim Magenschrittmacher wird eine Elektrode in die Magenwand geschoben. elektrische Impulse lassen den Magenmuskel kontrahieren. Dr. Karl Heinz Diedl von der Klinik für Allgemeine Chirurgie der Universität Münster erklärt: "Die Elektroden sitzen unmittelbar vor dem Ausgang des Magens, um den ankommenden physiologischen Impulsen entgegenzuwirken, ähnlich wie bei einer Brandung, wo sich die Wellen gegenseitig aufheben und es zu keiner geregelten Funktion der Magenentleerung kommt." Der fünf mal acht Zentimeter große Schrittmacher versorgt die Elektrode Tag und Nacht mit sechs Stromimpulsen pro Minute. Das System wird komplett implantiert, ist also von außen nicht zu sehen, wobei der Eingriff minimalinvasiv erfolgt. Beim Magenband, das den Magen verschnürt muss im Gegensatz dazu die Bauchdecke mit großen Schnitten geöffnet werden. Die elektrischen Impulse aus dem Magenschrittmacher stören die natürliche Magenkontraktion: Der Weitertransport des Mageninhalts gerät ins Stocken, was zum gewünschten therapeutischen Effekt führt. Die Patientin, die in Münster den Schrittmacher erhalten hat, hatte zu Beginn der Therapie ein Gewicht von 97 Kilogramm bei einer Körpergröße von 163 Zentimetern. Derzeit nimmt sie etwa 500 Gramm pro Woche ab. Auch bei Magenlähmung verwendbar Die eingesetzte Technik und die Methode des Eingriffs werden derzeit noch verfeinert, auch mit Blick auf andere Behandlungsgebiete. Der Magenschrittmacher lässt sich nämlich auch bei der sogenannten Gastroparese, der Magenlähmung als Folge eines diabetischen Komas erfolgreich einsetzen. Hier werden die Elektroden nicht am unteren Ende des Magens sondern weiter oben eingesetzt und haben dann eine entgegengesetzte Wirkung: Sie aktivieren die Verdauung. (pte)