Wien – "Warum wollen diese Leute eigentlich Präsident der USA werden? Was werden sie tun?", fragt der Politologe Ronald J. Hrebenar. Für zu viele der Kandidaten im Wahlkampf könne er – wie seinerzeit bei George W. Bush – keine schlüssige Antwort geben, findet der Professor der University of Utah. Und das sei kein besonders gutes Zeichen.

Das Rennen für die Kandidaturen der Demokraten und Republikaner hält er nach wie vor für offen. Hrebenar: "Auch für Hillary Clinton ist es keine Bank." Die Anomalie im "grundsätzlich schrecklichen Nominierungsverfahren" sei diesmal, dass der Iowa-Caucus und die Primary in New Hampshire im Jänner wenige Tage auseinanderlägen. Viele Kandidaten hofften mit einem doppelten "Big Bang" die Ambitionen der anderen zu brechen. "Selbst Hillary könnte ihre Nominierung verlieren, wenn sie dort nicht gewinnt."

Deswegen reisten alle wie verrückt nach Iowa, "um Schweine anzulächeln, denn von denen gibt es dort mehr als Menschen". Auf Umfragen, sagt Hrebenar, könne sich in dem Bundesstaat niemand verlassen. "Es kommt alles darauf an, wie die Diskussionen der Parteigänger an einem kalten Wintertag in Iowa laufen."

Keine Chance im Süden

Wen immer die Demokraten nominieren, weder Clinton noch Barack Obama noch der Südstaatler John Edwards seien imstande den Süden zu gewinnen. Mit Louisiana sei der letzte demokratische Staat an die Republikaner gefallen. "Selbst wenn der Abtreibungsbefürworter Rudy Giuliani antritt, werden die Menschen ihn dort wählen, weil sie ihrer Ansicht nach keine Wahl haben", erklärt der Politologe.

Entschieden werde die Wahl in Ohio oder neuen "Battleground"-Staaten in der zentralen Bergregion (Montana, Colorado, Nevada, New Mexico). "Auch dort lassen sich die entscheidenden 20 Wahlmännerstimmen holen, die den Ausschlag geben könnten", sagt Hrebenar. Allerdings: Gefahr droht den Demokraten auch in Kalifornien. Dort wird in den kommenden Tagen entschieden, ob die 53 Wahlmännerstimmen des Bundesstaates einer Partei en bloc zufallen oder ob sie nach Wahlkreisen vergeben werden. Mit Letzterem verlören die Demokraten 20 Stimmen – und wahrscheinlich die Wahl.

Als dominierende Themen im Wahlkampf sieht der Professor Immigration und Sicherheit. Hauptwahlmotive der Amerikaner seien wie 2004 religiöse Identität und Rassenzugehörigkeit. Deswegen habe Obama (schwarz, islamische Herkunft) kaum Chancen auf einen Wahlsieg, wohingegen der frühere Prediger Mike Huckabee ("religiöser Mann in religiöser Partei") ziemlich gut ankomme.

Aber von der Nominierung bis zur Wahl sind es noch elf Monate, und "ein kleiner dummer Fehler genügt für einen plötzlichen politischen Tod", sagt Hrebenar. Ja, und da sei dann noch immer die unbeantwortete Frage: "Was wird denn der neue Präsident tun?" (Christoph Prantner/DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.12.2007)