Wien – Alexandra Vujièic ist der Meinung, dass die Serben den Kosovo verlassen sollten. Auch wenn sie zuhause manche für diese Meinung verprügeln wollen würden. Die Belgrader Studentin glaubt aber, dass ohnehin nur "die radikalen Serben" nach der Trennung des Kosovo von Serbien bleiben werden. In Belgrad seien jedenfalls "die Mehrzahl der Leute der Meinung, dass der Kosovo verloren ist."

Während – auf Initiative der österreichischen Außenministerin Ursula Plassnik – Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer, der Chef der UN-Verwaltung im Kosovo (Unmik) Joachim Rücker sowie der stellvertretende Leiter der Generaldirektion für Außenbeziehungen der EU, Pieter Feith am Freitag in der Hofburg über "Sicherheit für alle im Kosovo" konferierten, trafen sich ebenfalls in Wien die Serbin Vujièic und der kosovo-albanische Student Selver Islama zu einer anderen Art von "Balkan-Konferenz". Der Standard horchte zu.

Vujièic denkt, dass die serbische Kosovo-Politik zur Zeit sehr stark vom Wahlkampf – die Präsidentschaftswahlen stehen an – geprägt ist und hofft, dass es erst danach zu einer Kosovo-Entscheidung kommt. "Weil dann nicht die Radikalen gewinnen." Serbien sei eigentlich "ein kleines Land mit kleinen Problemen". "Mit den Amerikanern und den Russen ist die Kosovo-Frage aber zu einem globalen Problem geworden." Ein frischer Wind

Selver Islama ist ganz begeistert von Belgrad. Dort gebe es Perspektiven für die Jugend, dort wehe "ein frischer Wind". Das habe er bei seinen Besuchen gesehen, sagt der kosovo-albanische Student, der in Wien wohnt. Für Islama ist der Status nicht so wichtig, viel eher die Verbesserung der ökonomischen Situation und der Ausbildung. "Meine Freunde im Kosovo sagen: Wozu hab ich ein Pharmazie-Diplom? Um Zigaretten zu verkaufen?" Mit 5.000 bis 10.000 Euro könne man sich den Zugang zur Universität erschwindeln.

"Die Gesellschaft unterteilt sich in Leute, die Geld haben und Leute, die keines haben." Und die Politik hätte keine Zukunftsperspektiven entworfen, weil alle nur über den Status reden würden. Ob es einen Wechsel der politischen Eliten braucht? Im Moment brauche man diese alten Eliten, sagt Islama. "Weil sie es auf radikalem Weg machen und weil man anders nichts erreicht. Aber für die Zukunft brauchen wir die nicht mehr." (Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.12.2007)