Fundstücke: Bebender Schatten eines Kindheitsendes
Alberto Vigevanis "Sommer am See".
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Italien, in den 1930ern. Giacomo ist mit sich selbst nicht im Reinen. Dicklich, unsportlich, unsicher, mit kaum jemandem in der Schule befreundet, in der er unterdurchschnittliche Leistungen abliefert, dafür ein obsessiver, leicht verträumter Leser, steht er, das jüngste Kind eines Mailänder Rechtsanwalts und einer ständig kränkelnden Mutter, an der Schwelle zwischen Kindheit und Jugend. In einem Sommerurlaub am Comer See durchlebt er erste verwirrende erotische Sehnsüchte, und ihm widerfährt dort die Entdeckung, was Freundschaft sein kann. Und wie tief der Schmerz reicht, wenn diese Freundschaft wieder verlorengeht.
Der in Mailand aufgewachsene Alberto Vigevani (1918-1999) schrieb bereits als Zwanzigjähriger Rezensionen, lebte von 1943 bis 1945 im Schweizer Exil und kehrte dann nach Mailand zurück, wo er ganz seiner Leidenschaft für Bücher huldigte. 1957 erstmals bei Feltrinelli erschienen, hat Sommer am See erst jetzt den Weg nach Norden gefunden. Es steht zu hoffen, dass auch Vigevanis Buch La febbre dei libri - Ricordi di un libraio bibliofilo (Das Bücher- fieber. Erinnerungen eines bibliophilen Buchhändlers), ein Pano-rama des literarischen Lebens, folgen mag. Hoffentlich ebenfalls in so schönes Deutsch übersetzt, wie dies Marianne Schneider bei dieser graziösen Schilderung eines inneren Umbruchs gelang. Denn was dieses schön aus- gestattete Buch so gehaltvoll macht, ist Vigevanis differenziert ausschwingender Stil, sind die subtil gezeichneten Stimmungsumschwünge, die zarten Erschütterungen der Psyche und die Kunstfertigkeit, mit der die Natur mit dem Inneren korrespondiert und zu Leben erwacht. (Alexander Kluy /ALBUM/ DER STANDARD, Printausgabe, 1./2.12.2007)
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