Die "Pekaria Insanic" und ihr Inhaber Muharem Insanic sind aus der Stadt Banja Luka nicht mehr wegzudenken. Seit 100 Jahren ist die Bäckerei in Familienbetrieb. Insanic kennt man für seine Brötchen und seine Musik. Sein Musikverein "Arion" bringt in seinem Chor und seinem Orchester Serben, Kroaten, Bosniaken und andere Nationalitäten zusammen.

Foto: Khorsand/derstandard.at

Derzeit arbeitet der 63-Jährige an seiner ersten Oper: "Safikada". Die Liebesgeschichte zwischen einem muslimischen Mädchens und einem österreichischen Soldaten Ende des 19. Jahrhunderts in Bosnien. "Als Humanist, sage ich: Wir sollten die Grausamkeiten des Krieges vergessen", sagt er. Nicht umsonst spielt er das Finale seiner Oper noch vor dem Ende des Gesprächs vor: Zuerst hört man die Glocken der serbisch-orthodoxen Kirche, dann jene der katholischen und am Schluss die Stimme des Muezzin.

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Muharem Insanic steht mit seiner Meinung nicht alleine da. Viele Serben sind mit Bosniaken und Kroaten befreundet. Auch wenn ihre Kinder in verschiedene Schulen gehen und drei verschieden Wahrheiten hören. "Wir müssen alle als Opfer gesehen werden. Nicht als serbische, kroatische oder bosniakische Opfer", sagt der Soziologie-und Philosophiestudent Drazen.

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Welcher Volksgruppe Drazen (links)angehört, will der 29-Jährige nicht verraten. Seine Vision für die Serbenrepublik würde vielen gegen den Strich gehen. "Es wird keine Republika Srpska mehr geben. Es wird für eine kurze Zeit einen bewaffneten Konflikt geben und dann einen Transitionsprozess um die Serben in Bosnien zu integrieren." "Von welchem Transitionsprozess sprichst du denn da?", unterbricht ihn Sasa. Der Universitätsassistant unterrichtet Soziologie und Philosophie. Er ist Serbe und eine aufgelöste Republika Srpska kommt für ihn nicht in Frage.

Und trotzdem ist er mit Drazen befreundet. "In unserer Geschichte gibt es so viel böses Blut und Hass. Wir hören einander nicht zu", sagt Sasa. Dass er als Serbe im Ausland als blutrünstiger Mörder wahrgenommen wird, ist ihm bewusst. "Unsere Geschichte basiert auf Hass. Wir führen eine Sado-Masobeziehung", sagt er lachend.

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Nicht jeder Serbe meidet Bosniaken und Kroaten und umgekehrt. Viele bemühen sich zu ignorieren oder im besten Fall aufeinanderzuzugehen. Die Fernsehjournalistin Senka Trivic erinnert sich an eine Begegnung mit einer serbischen Arbeitskollegin, die ihr sogar einen frohen Ramadan wünschen wollte. "Senka ist ein muslimischer Name. Dabei bin ich Serbin und arbeite seit zwei Jahren mit ihr zusammen. Sie hat es nett gemeint", sagt die 26-Jährige. Es klingt nachsichtig.

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"Wenn etwas bei uns nicht klappt, heißt es immer wieder: die bösen Serben sind schuld. Aber ist denn jeder Amerikaner mit einem Hispanic oder jeder Deutsche mit einem Türken befreundet? Nur bei uns, ist so etwas nicht normal", sagt Trivic.

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"Freunde ja, aber keine Beziehungen. Heiraten ist ausgeschlossen, da bleibt man unter sich", sagt Senka Trivic. Serben unter Serben, Bosniaken unter Bosniaken und Kroaten unter Kroaten. Selbst bei Muharem Insanics Oper "Safikada" gibt es kein Happy End. Safikada will ihren Eltern die Schande ersparen, dass sich ihre muslimische Tochter mit einem Christen eingelassen hat. Sie begeht Selbstmord. (Solmaz Khorsand, derstandard.at)

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