Mahamat Nouri (60) saß in der Regierung des Tschad, die er nun bekämpft.

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Der General war eine Säule des Regimes. Bevor er 2004 als Botschafter nach Saudi-Arabien ging, setzte ihn der tschadische Präsident Idriss Déby nicht nur als Minister für Viehzucht und Vorsitzenden der Wahlbehörde ein, Mahamat Nouri war auch Verteidigungsminister. Im April 2006 wechselte der damals 59-Jährige aber plötzlich die Seiten und kämpfte als Chef der Rebellen „Vereinigte Kräfte für Demokratie und Entwicklung“ (UFDD) mit seinen etwa 3000 Männern gegen die Armee des Tschad, die er einst führte. Vor allem aber will er Déby aus dem Amt vertreiben.

Nouri kämpft auch als Vertreter seiner Ethnie der Tubu. Die Menschen von den Tibesti-Bergen, die als teilweise nomadisierende Viehzüchter im Norden des Tschad leben, fürchten, vom Zugang zu den Ressourcen und zur Macht abgeschnitten zu werden. Seit 2004 exportiert der Tschad erstmals Öl. Der Machtkampf ist seither brutaler. Auch weil der Konflikt in der sudanesischen Provinz Darfur nicht nur Nouri, sondern auch Déby – einem Angehörigen der Zagawa, die auch in Darfur leben – half, ihren Machtkampf zu internationalisieren. Nouris UFDD wird vom sudanesischen Regime unterstützt; der Tschad unterstützt wiederum die Rebellen in Darfur.

Am 22. November 2006 verließ Nouri, der in Darfur seine Basis aufgebaut hatte, den Sudan mit 800 seiner Männer. Die 70 Geländewagen überquerten die Grenze zum Tschad. Die Stadt Goz Beida war schnell eingenommen. Am 25. November besetzte die UFDD Abéché, die zweitgrößte Stadt im Tschad, an der Grenze zum Sudan.

Unter anderem sorgten aber französische Aufklärungsflugzeuge – wie schon zuvor bei anderen Rebellenvorstößen – dafür, dass die tschadische Armee die Oberhand behielt. Knapp ein Jahr später, am 26. Oktober, traf Nouri mit Déby zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags in der libyschen Hauptstadt Tripolis zusammen. Der Handschlag war aber nicht sehr nachhaltig. Einen Monat später und rechtzeitig zur Trockenzeit lieferten sich die Kombattanten des Rebellenchefs und des Präsidenten wieder heftige Gefechte. Hunderte Männer wurden getötet. Und Nouri soll zu Fuß zurück zu seiner Basis in den Sudan marschiert sein. Von dort aus startete der Mann mit dem weißen Kopftuch, der silbernen Uhr und dem Satellitenhandy in der Tasche eine neue Propagandaoffensive.

Die UDFF drohte nun auch den EU-Soldaten, die als Teil der großen UN-Truppe die Zivilbevölkerung in Darfur und im Tschad schützen sollen, mit Gewaltaktionen. Dahinter steckt, dass Khartum seit Jahren versucht, die Entsendung von internationalen Truppen nach Darfur zu verhindern. Wenn es Nouri nun gelingt, die ohnehin wackelige Mission zu verunsichern, gewinnt er zumindest psychologisch an Terrain.

(Adelheid Wölfl/DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2007)