Wien - "Aus unserer 13-jährigen intensiven Arbeit mit Holocaust-Überlebenden wissen wir, dass bestimmte Situationen diese Menschen nicht nur rühren, sondern auch Wunden aufreißen können. Und das Projekt ,A Letter to the Stars' nimmt unseres Erachtens auf diesen Umstand nicht ausreichend Rücksicht."

Peter Schwarz, einer der Leiter des psychosozialen Zentrums Esra im zweiten Bezirk, das sich auf die Behandlung Traumatisierter spezialisiert hat, ist verstimmt. Denn das Schüler-Aufarbeitungsprojekt "A Letter to the Stars" plant, im Mai über 240 NS-Opfer nach Wien zu holen. Schwarz ärgert sich über die Vorgangsweise der Veranstalter. Mehrmals habe er die Organisatoren vor solchen "Großveranstaltungen gewarnt", weil "eine problematische Dynamik entstehen könnte". Und zu allem Überdruss hatte der Trägerverein von "A Letter to the Stars" nun im Standard erklärt, dass es "einen Handschlag mit Esra" gäbe, miteinander bei dem Event zu kooperieren - "das stimmt so nicht", sagt Schwarz.

Unzufrieden mit dem Projekt sind auch Proponenten des "Letter"-Unterstützer-Komitees. "Ich halte es für ein Problem, dass weder Esra noch der Jewish Welcome Service noch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes an Bord ist", sagt der Historiker und Publizist Peter Huemer.

Zwar lobt er frühere Aktionen der Organisation und dass sich Schüler so intensiv mit der NS-Geschichte befassen. Wenn sich an dem geplanten "Spektakelcharakter" jedoch nichts ändere, "dann werde ich mich verabschieden, denn ich glaube, dass da mit den Projektbetreibern etwas durchgegangen ist".

Auch Kurt Scholz, Restitutionsbeauftragter der Gemeinde Wien und ebenfalls im Komitee, mahnt: "Dieses Projekt ist keine bloße Einladung für ein paar Wien-Touristen." Er will sich nun an der Entscheidung der beiden Wissenschafter Anton Pelinka und Wolfgang Neugebauer "orientieren" - und diese beiden Unterstützer sind bereits aus dem Komitee ausgetreten.

Der grüne Abgeordnete Wolfgang Zinggl hat nun eine parlamentarische Anfrage an mehrere Ministerien eingebracht. Er verlangt eine penible Auskunft über die Förderungen für den Verein, der für sein neues Projekt mit Geldern (samt Sponsoring) in der Höhe von 1,4 Millionen Euro kalkuliert. (von Peter Mayr und Nina Weißensteiner/DER STANDARD, Printausgabe, 3.12.2007)