Neubau und Internationalisierung: WU-Rektor Christoph Badelt hat große Pläne.

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Der Arbeitsplan ist ambitioniert: Internationalisierung und mehr Grundlagenforschung stehen auf Christoph Badelts Agenden ganz oben - nebst Neubau und neuem Namen. Der Rektor der WU Wien sprach mit Heidi Aichinger.

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Standard: Auf Ihrem Arbeitsplan der kommenden vier Jahre stehen große Themen. Darunter die Internationalisierung. Ein Aspekt werden kommende Berufungen sein - 25 planen Sie bis 2011. Ist schon absehbar, wie viele davon international sein werden?

Badelt: Nein. Quantifizierbar ist es nicht. Die WU war immer - auch im Vergleich zu anderen Universitäten - eine stark internationale Universität. Was Lehrprogramme oder Studierendenanteile betrifft, liegen wir über dem Durchschnitt. Aber: Wir haben relativ wenige ProfessorInnen aus dem Ausland, insbesondere aus dem nicht-deutschsprachigen Bereich. Jetzt wollen wir schauen, dass wir unsere "Faculty" breiter und internationaler aufstellen.

Standard: Diese Kandidaten suchen Sie - wie auch andere Universitäten - aktiv ...

Badelt: Das stimmt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass es nicht reicht, eine Professorenstelle einfach auszuschreiben. Sondern, dass man sich auf die Suche begeben muss - vor allem auch im Ausland -, um geeignete KandidatInnen zu finden und anzusprechen. Entscheidend ist, dass wir versuchen wollen, im Bereich Human Resources für ProfessorInnen aktiver zu werden.

Standard: Im Zuge der Berufungen soll ja auch der Frauenanteil unter den WU-Professoren angehoben werden. Zur Zeit beträgt dieser elf Prozent ...

Badelt: Faktum ist, dass wir mit unserem Frauenanteil bei den Professuren nicht gut dastehen. Faktum ist, dass wir uns sehr aktiv um Frauen bemühen, aber dass es in den Fächern, die wir zuletzt ausgeschrieben haben, wirklich sehr schwierig war, hochqualifizierte Frauen zu finden.

Standard: Ist die Equis-Akkreditierung im Rahmen der internationalen Suche hilfreich?

Badelt: Bei den Berufungen wird sich das sicher niederschlagen. Das geht ja nicht so rasch. Aber ich weiß, dass wir bei unserer aktiven Suche nach KandidatInnen dadurch attraktiver werden. Die spürbaren Auswirkungen werden sich erst über die nächsten zwei bis drei Jahre wirklich herausstellen.

Standard: Auch was die Anmeldungen ausländischer Studenten betrifft?

Badelt: Auch da meine ich, dass der Effekt erst eintreten wird. Die Anmeldung ausländischer Studierender wird vor allem in Hinblick auf das Master- und das Doktoratsstudium relevant werden, und da hilft dann wohl auch Equis. Das Bachelor Studium ist heute noch der dominierende Teil - da schauen die Leute noch weniger auf dieses umfassende Qualitätssiegel.

Standard: Langfristig wollen Sie eine Undergraduate bzw. Graduate School etablieren. Warum?

Badelt: In dem Augenblick, wo ein Großteil der Studierenden in der neuen Studienarchitektur studiert, wird es sinnvoll sein, die Administration in einer Undergraduate und einer Graduate School sowie einer Executive Education darzustellen. Das betrifft aber nur die Verwaltung des Studiums, nicht aber die Zuordnung der ProfessorInnen.

Standard: Wird das die Verwaltung vereinfachen?

Badelt: Es geht vor allem um Qualitätssteigerungen. Und die Auswirkungen werden insofern gestaltet sein, als die Undergraduate-Studierenden ein eigenes Office bekommen und die Graduate-Studierenden auch. Das sind andere Beratungsbedürfnisse.

Standard: Mehr Beratung erfordert auch mehr Personal ...

Badelt: Wir haben heute etwa 22.000 Studierende und mehr als die Hälfte dieser Studierenden befinden sich vom Studienfortschritt her im ersten Studienjahr. Das bedeutet, dass wir im ersten Studienjahr durch das Internetsystem sehr viele Leute drinnen haben und ab dem zweiten Jahr schon in adäquaten Klassengrößen fahren können. Das hängt von den einzelnen Fächern ab.

Aber wir brauchen natürlich viel mehr Personal, um die Betreuungsrelationen zu verbessern und auch um im ersten Jahr mit Tutorinnensystemen etc. eine entsprechende Betreuung herzustellen. Der Durchschnitt ist ja bekannt: Wir haben über 280 Studierende pro Professor, und das ist natürlich eine katastrophale Situation, das muss man schon ganz deutlich sagen.

Standard: Und mit einer Graduate und Undergraduate School öffnen Sie sich einfach weiter für den internationalen Markt ...

Badelt: Ja. Uns schwebt eine internationale Positionierung der WU vor. Das heißt: Im Undergraduate Level sind wir primär für Österreich und für die Nachbarländer, vor allem im Südosten, verantwortlich. Während wir beim Graduate Level versuchen wollen, uns im weitesten Sinn international zu positionieren.

Standard: Die WU bekommt also eine neue Marke? Einen neuen Namen?

Badelt: Das Wort "WU" ist im Deutschen völlig okay. Womit wir wirklich ein Problem haben, ist unsere offizielle Übersetzung ins Englische - nämlich "Vienna University of Economics and Business Administration". Wir brauchen einen besseren und prägnanteren englischen Namen, um die Substanz der WU zu transportieren und in der ganzen Welt zu präsentieren.

Standard: Über den Namen haben Sie schon nachgedacht?

Badelt: Ja, aber wir haben noch keine Entscheidung getroffen.

Standard: Und das Konzept samt neuem Namen wird sich vermutlich im Neubau wiederfinden ...

Badelt: Ja. So wollen wir etwa die Büros, in denen Undergraduate- und Graduate-Studierende zu beraten sind, auch trennen. So wie das auch an großen angelsächsischen Universitäten der Fall ist. Es ist aber nicht gedacht, das Lehrpersonal diesen Schulen exklusiv zuzuweisen, weil es zum Regelbild eines Professors gehört, bei den zu unterrichtenden Gruppen eine gute Mischung zu haben.

Das Wesentliche ist, dass wir die WU nicht einfach woanders hinbauen wollen, sondern, dass wir eine neue WU bauen wollen. Wir wollen versuchen, eine neue Identität zu schaffen und in diesen moderneren - eben auch räumlichen - Strukturen umzusetzen.

Standard: Kommen wir zur Forschung - welche Aktivitäten wollen Sie hier setzen? Die WU ist ja nicht unbedingt als Forschungsuniversität bekannt ...

Badelt: Es stimmt, dass die WU in der Öffentlichkeit stärker mit der Lehre identifiziert wird als mit der Forschung.

Ich glaube aber, man muss hier zwei Dinge unterscheiden: In der angewandten Forschung waren wir immer schon sehr gut, denn die WU hat immer schon sehr gute Kontakte zur Praxis gehabt. In der Grundlagenforschung müssen wir sicher stärker werden. Wir haben aber in den letzten Jahren hier erste schöne Erfolge erzielt: etwa mit einem Doktorandenkolleg im Finance-Bereich, mit einem Sonderforschungsbereich des Forschungsförderungsfonds über International Taxation, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Wir haben im Haus einen Prozess aufgesetzt, um die Grundlagenforschung mehr ins Zentrum des Interesses zu rücken. Es geht uns darum, eine bestimmte Atmosphäre aufzubauen, um die Wichtigkeit des Themas aufzuzeigen und vor allem bei den Arbeitsbedingungen und bei der Nachwuchsförderung auch konkrete Handlungen zu setzen, sodass Spitzenforschung im Grundlagenbereich auch leichter möglich wird.(DER STANDARD Printausgabe, 1./2. Dezember 2007)