Boston/Wien – Zu gering dimensioniert, logistisch aufwändiger als bisher bekannt und ohne Zukunftsperspektive: Das ist die Einschätzung der Eufor-Mission in den Tschad aus der Sicht des Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge bei Boston. Dessen „Security Study Program“ veröffentlichte soeben eine Studie mit dem Titel „African Adventure?“ – wobei Studienautor Björn Seibert das Abenteuerliche der Planung besonders unterstreicht.

Seibert, der vor seinem Engagement in Boston für die Deutsche Bundeswehr tätig war, rechnete unter anderem nach, dass die vorgesehene Truppengröße der Eufor (rund 3700, ein endgültiger Beschluss steht immer noch aus) viel zu gering ist, um ausreichend Sicherheit in der Region zu schaffen.

12.500 Mann nötig

Um dies bewerkstelligen zu können, wären eher 12.500 Mann notwendig: „Ein Schlüsselfaktor für den Erfolg der EU-Mission ist die Fähigkeit, glaubwürdige Präsenz im Einsatzgebiet zu zeigen.“ Selbst 12.500 Mann ergäben nur eine Präsenz von 0,06 EU-Soldaten pro Quadratkilometer. Seibert erinnert daran, dass die „Operation Turquoise“, mit der die UNO 1994 in Ruanda eine Schutzzone einzurichten versucht hat, vor allem wegen der zu geringen Truppenstärke gescheitert ist. Dort kamen rechnerisch 0,35 Soldaten auf einen Quadratkilometer.

Wenn man einen Aufmarsch schon so dünn plane, dann müsse man wenigstens mit Hubschraubern den Eindruck einer „omnipräsenten Streitmacht“ erzeugen. Aber, wie der Standard berichtete, mangelt es gerade an wüstentauglichen Hubschraubern.

Unkalkulierbar seien die Kosten der Mission – obwohl die geplanten Aufmarschzeiten realistisch eingeschätzt wurden, seien Engpässe beim Lufttransport und hohe Mietkosten bei Transportflugzeugen zu erwarten. Wenn auch nur ein Fünftel des Bedarfs eingeflogen werden muss, sind die Kosten allein dafür zwischen 6,29 und 11,55 Millionen Euro anzusetzen.

Wobei die Versorgung während der Folgemonate noch gar nicht eingerechnet ist. Auch weiß niemand, für wie viele Folgemonate man kalkulieren müsste.

Die Studie verweist nämlich darauf, dass keineswegs abschätzbar ist, wie lange das afrikanische Abenteuer der EU wirklich dauern soll. Es sei „unwahrscheinlich, dass die Eufor von einer Nachfolge-Truppe der UN nach einem Jahr abgelöst wird“.

Dann aber kämen neue Probleme: „Da der Konflikt wenig Chance hat, rasch gelöst zu werden, lässt sich die EU womöglich auf eine Langzeit-Mission ein.“ Folge: Daheim würde die Unterstützung für einen sich hinziehenden kostspieligen Einsatz mehr und mehr schwinden.

Gleichzeitig würde die Eufor, je länger sie im Tschad und der Zentralafrikanischen Republik bleibt, auch immer tiefer in das verworrene Netz der Konflikte verstrickt, von denen die Region seit 20 Jahren heimgesucht wird. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 4.12.2007)