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Oskar Hillebrandt sprang bei der "Walküre"-Premiere der Staatsoper ein.

Foto: APA
Am Tag danach, am Montag, war er schon wieder unterwegs nach Deutschland, und er konnte ein bisschen die Nachwehen seiner spontanen Opernaktion genießen. SMS-Glückwünsche und Anrufe vertrieben Oskar Hillebrandt auf seiner Reise die Zeit, und das hat schon seine Berechtigung - immerhin hat der deutsche Heldenbariton, der aus Schopfheim stammt, eine Premiere gerettet, indem er im dritten Akt für den indisponierten Kollegen eingesprungen war.

Für diese Spontanrolle vorgesehen war er nicht. Wie auch sonst niemand ... So begab es sich am Sonntag (etwa um 18.30 Uhr), dass sich die Staatsoper bei ihm meldete, als er gerade Richtung Restaurant unterwegs war, um sich eine Pizza zu gönnen - Wotan hätte gröbere Probleme, hieß es, ob er, Hillebrandt, nicht einspringen könnte. "Das war schon heftig, aber ich hätte nie Nein gesagt, das bin ich der Staatsoper schuldig!"

Und so kam es: Man steckte ihn in Anzug und Krawatte und postierte ihn rechts von der Bühne, während Juha Uusitalo den szenischen Part stumm zu Ende absolvierte. Kurz zuvor noch ein Paar Worte mit Dirigent Franz Welser-Möst, dann ging's los: "Welser-Möst hat mir wirklich geholfen. Bei jedem Einsatz hat er geschaut, ob ich so weit bin." Nervös war er nicht, dazu wäre auch keine Zeit gewesen. "Eigentlich werde ich mir jetzt erst bewusst, was ich da getan habe. Und das ist gut so ..."

Hillebrandt ist natürlich ein Routinier. Er singt seit 40 Jahren an allen Häusern, hat schon 30 Produktionen bestritten, 150 Rollen gesungen und war nun in Wien, da man ihn an der Volksoper bei Tiefland brauchte. Den Wotan hat er schon öfters gesungen und auch sonst einiges erlebt.

"Ich bin oft eingesprungen, und ich weiß auch, wie es ist, die Stimme zu verlieren." Ja, beim Fidelio hat es sich einmal begeben, dass er an sich gut in Form war, dann aber gings in die Pause, und "ich ging in die Maske. Da haben die mit irgendwelchen Säuren herumgetan, ich bekam eine Allergie und die Stimme war weg!" Ging auch vorbei. Und es wird auch bei Uusitalo vorbeigehen, ist Hillebrandt überzeugt, auch wenn das für diesen "sicher ein schlimmes Erlebnis war: Der Kollege - wir haben nach der Vorstellung nur kurz gesprochen - war natürlich deprimiert." Nun, ein Weilchen wird es noch dauern. Die nächste Walküre-Vorstellung an der Staatsoper (am 6. Dezember) singt jedenfalls der Norweger Terje Stensvold.

Wie erklärt sich aber Hillebrandt, dass ein Arzt nur Stunden vor Vorstellungsbeginn dem armen Kollegen stimmliche Gesundheit attestierte? "Tja, mit den Ärzten in Wien ist das nicht mehr so gut wie früher." Wie auch immer. Er möchte den Abend nicht missen, alle waren lieb und dankbar. "Ich brauchte danach aber zunächst einmal schnell ein großes Bier." (Ljubisa Tosic /DER STANDARD, Printausgabe, 4.12.2007)