Wien - Es ist der Krieg, der Vertreter von 127 Staaten in dieser Woche nach Wien bringt. Genauer gesagt eine Waffenart, die zum "Standard" moderner Armeen gehört, wie Bundesheer-Angehörige sagen: Streubomben. Eine internationale Konferenz berät ab Mittwoch über ein Verbot dieser Waffen, an denen größtenteils Zivilisten sterben - auch noch Jahre nach Kriegsende (siehe Wissen).

Bis Ende 2008 wollen sich die Staaten auf eine Konvention zum Verbot von Streumunition einigen. In Wien sollen erste Eckpunkte festgelegt werden. Österreich hat sich mit anderen Ländern an die Spitze der Bewegung gesetzt, die im Februar mit einer Konferenz in Oslo begann.

Eigenes Gesetz

Am morgigen Donnerstag soll im Nationalrat, parallel zur Konferenz, auch ein Gesetz verabschiedet werden, das nicht nur die Herstellung, den Gebrauch und Besitz von Streubomben auf nationaler Ebene verbietet, sondern etwa auch deren Ein-, Aus- und Durchfuhr oder Vermittlung. "Damit ist Österreich weltweit das zweite Land, das eine so anspruchsvolle Rechtsgrundlage haben wird", sagte Außenministerin Ursula Plassnik am Dienstag auf einer Pressekonferenz. Belgien hatte als erstes europäisches Land Streubomben verboten.

Das geplante Gesetz schreibt auch die Vernichtung der Bestände innerhalb von drei Jahren vor. Verteidigungsminister Norbert Darabos will diese Zeit unterbieten und schon innerhalb von eineinhalb Jahren die lagernde Munition des Typs M-85 beseitigen. Deren Zahl liege bei rund 10.000 Stück, die Kosten der Zerstörung beliefen sich auf bis zu eine Million Euro, sagt Darabos. Judith Majlath, die die Kampagne gegen Streumunition in Österreich leitet, spricht von 12.672 Bomben.

Laut Darabos muss die Munition nicht durch andere Waffen ersetzt werden. "Das ist weniger gut", sagt Helmut Habermayer, Leiter der Abteilung Militärstrategie beim Bundesheer und eigentlich ausdrücklicher Befürworter des Verbots, zur ersatzlosen Streichung der Waffen. Ein hinkendes, aber aktuelles Beispiel sei der Tschad-Einsatz der EU: "Es könnte ja sein, dass die Soldaten im Tschad derartig in Bedrängnis kommen, dass man als letztes Mittel einen gewissen Geländestreifen absperrt." Die Munition sei zum Schutz der Soldaten da; falle dieses Instrument weg, könnten diese in "wesentlich gefährlichere Situationen" kommen. "Es sollte also in irgendeiner Form substituiert werden." Im obigen Beispiel etwa durch Kampfhubschrauber.

Anders als Österreich lehnen Staaten wie Deutschland, Finnland, Großbritannien, Frankreich und die Schweiz ein Totalverbot ab und wollen Ausnahmen im Vertrag erreichen, etwa für Bomben mit Selbstzerstörungsmechanismus oder geringer Blindgängerrate. Gar nicht in Wien vertreten sind die USA, China und Russland - die Hauptproduzenten von Streumunition. (Julia Raabe/DER STANDARD, Printausgabe, 5.12.2007)