Zu Weihnachten kommen natürlich zusätzliche Produkte in die Regale. Besonders gern gekauft werden Feinkostplatten. Rund 600 Platten pro Markt gehen über den Ladentisch.

Foto: Bruckner

Wie berechenbar ist der Konsument? Gar nicht, sagt Michael Franek: "Er geht zum Hofer und mit dem Hofer-Sackerl dann in das Gucci-Geschäft." Punkten könne man heute hauptsächlich bei Service und Qualität, denn da könne der Diskonter nicht mithalten.

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Weihnachten ist einkaufsmäßig in der Planung für Michael Franek erledigt. Derzeit bereitet man gerade den Heringsschmaus vor. Der Unterschied zwischen Super- und Verbrauchermarkt? "Hier sehen Sie ihn: wir haben bessere Preise" sagt Franek.

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derStandard.at: Wie Bio is(s)t Österreich?

Michael Franek: Rewe-Group Austria war 1994 mit Ja!Natürlich Bio-Pionier. Mittlerweile haben wir über 630 Ja!Natürlich-Produkte im Sortiment und sind damit Marktführer im Biobereich in Österreich. Wir machen über 220 Millionen Euro Umsatz damit, das sind bei der Rewe-Group-Austria etwa zwölf Prozent des Gesamtumsatzes im Bereich Food und die Zuwachsraten heuer werden wieder im stark zweistelligen Prozentbereich liegen. Im ersten Halbjahr 2007 hat Ja! Natürlich einen Umsatzzuwachs von 13 Prozent verzeichnet.

derStandard.at: Der Trend ist noch nicht ausgereizt?

Franek: Nein, überhaupt nicht, das geht jetzt sogar schon in Bereiche wie Convenience hinein. Früher gab es da etwa ein Joghurt mit Beeren, mittlerweile gibt es das Biojoghurt mit Beeren. Wir haben 9 Prozent Heavy User und 33 Prozent der Konsumenten greifen regelmäßig zu Bioprodukten. Der Trend wird sich sicher weiter fortsetzen, wenn auch nicht mehr mit exorbitanten Steigerungen wie in den letzten Jahren. Es wird aber nicht so sein, dass wir innerhalb der nächsten Jahre eine Verdoppelung unsereres Bio-Sortiments haben - wir haben ein schon sehr hohes Angebots-Niveau.

derStandard.at: Kann der rasante Zuwachs im Biobereich durch die heimischen Biobauern abgedeckt werden?

Franek: Wir schauen überall dort, wo wir österreichische Ware bekommen, dass wir österreichische Ware nehmen.

derStandard.at: Wie wichtig ist die österreichische Herkunft der Produkte für die Konsumenten?

Franek: Sehr, Österreicher legen sehr viel Wert auf österreichische Nahrungsmittel. Nicht nur im Bereich Bio.

derStandard.at: Wie sieht es mit gesunder Ernährung über Bio hinaus aus? Ist das ein Thema?

Franek: Natürlich, wir haben starke Zuwachsraten im Bereich Obst und Gemüse, und Produkte für die "leichte Küche" sind schon seit geraumer Zeit im Sortiment, die gehen nach wie vor sehr gut. Wir setzen stark auf Qualität - deshalb lassen wir auch zum Beispiel Convenience-Produkte nicht zuliefern. Salate und Säfte werden bei uns im Markt zubereitet und wir haben einen eigenen Konditor. Wir bekommen die Sachertorte nicht ins Haus geliefert. Wir produzieren sie nach eigenen Rezepturen und stellen sie frisch in die Vitrine. Das ist unser Mehrwert.

derStandard.at: Die Frische der Produkte also.

Franek: Wir sehen uns als der Frischemarkt. Wir liefern Obst und Gemüse zweimal, in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland sogar dreimal täglich. Die Konkurrenz fährt da einmal. Nehmen wir Fleisch: Wir zerlegen, portionieren und verpacken vor Ort.

derStandard.at: Schlägt sich das in den Preisen nieder?

Franek: Nein.

derStandard.at: Ich wollte eigentlich einwerfen, dass dieses Konzept des Einkaufens in einem Lebensmittelmarkt ja überholt ist, weil in Wirklichkeit überall alles gleich schmeckt.

Franek: Da muss ich Ihnen widersprechen. Vor drei Jahren haben wir begonnen, unser Konzept zu überarbeiten. Nun haben wir das Marktplatzkonzept. Wir unterteilen den Markt in eine emotionale und eine rationale Hälfte. Für uns ist emotional alles was Frische ist, Lebendigkeit, wo Sie eine Art Naschmarkt-Feeling beim Einkaufen wiederfinden. Das ist Obst und Gemüse, der Backshop, die Feinkost, wir haben den Wein integriert. Wir produzieren über 700 Produkte selbst. Der emotionale Bereich umfasst alles, wo Sie gerne gustieren und selektieren. Natürlich führen wir als Verbrauchermarkt auch Waschmittel und Tiernahrung, und der Konsument weiß, das finde ich in diesem oder jenen Gang. Aber das wirkliche Erlebnis haben wir im emotionalen Bereich.

derStandard.at: Die Konsumenten legen also auch Wert auf dieses Einkaufserlebnis?

Franek: Natürlich. Wir setzen auch verstärkt auf Beratung und aktiven Verkauf. Wir wollen die Leute dazu bringen, dass sie gustieren, neue Sachen probieren. Wir verkaufen z.B. aktuell Trüffelprodukte, Pasteten, also sehr hochwertige Produkte.

derStandard.at: Will der Trüffel kaufende Kunde nicht Exklusivität?

Franek: Bei uns haben Sie das gute Preis-Leistungsverhältnis. Und Sie werden beraten.

derStandard.at: Sie sagen, Sie bieten dem Konsumenten, was er fordert.

Franek: Natürlich, aber wir setzten auch Trends z.B. im Bereich Bio oder im Convenience-Bereich. Wir führen etwas 350 Produkte bei "Chef-Menü", der Convenience-Linie im Frischkühlkost-Bereich. Ein weiterer Trend ist die Regionalität. Die Kunden wollen Produkte, die sie kennen, die aus ihrem Umkreis stammen. Wir haben quer durch Österreich eine Initiative gestartet, da haben auch kleine Lieferanten die Möglichkeit, Merkur zu beliefern, der Listungsprozess ist ein vereinfachter. Die Wertschöpfung bleibt damit in der Region, es sind kurze Anfahrts- und Transportwege und die Leute finden das heimische Produkt wieder bei Merkur.

derStandard.at: Was ich in Innsbruck im Merkur finde, ist also nicht das gleiche wie in Wien?

Franek: Wir haben natürlich ein überregionales Sortiment, aber darüber hinaus eben das regionale Sortiment. Denken wir an die Milch und die starke Segmentierung heute. Vor zehn Jahren gab es den halben Liter und den Liter Vollmilch. Heute gibt es die leichte Milch, die ESL-Milch, die Bio-Milch und die regionale Milch. Wir verkaufen in jedem Bundesland das, was der Kunde sucht. Ob das die Tirol-Milch in Tirol ist, die Butter dazu, der Käse.

derStandard.at: Wie werden wir in zehn Jahren Lebensmittel einkaufen?

Franek: Dazu gibt es verschiedene Thesen. Die eine ist, es gehört alles vereinfacht. Das Einkaufen wird nur mehr über Internet funktionieren. Aber was die Internet-Bestellung betrifft, das wird - anders als von den Firmenkunden - von den Haushalten noch nicht sehr angenommen. Der Trend geht eher in die Richtung, dass der Kunde ein Einkaufserlebnis haben will. Ich glaube auch, dass es in den nächsten Jahren noch ein wichtiges Thema sein wird, eine Balance zu finden zwischen rascher Abwicklung und Einkaufserlebnis.

derStandard.at: Ich hätte gerne einen Drive-in-Lebensmittelmarkt.

Franek: Wir haben darüber nachgedacht. Aber da braucht man auch den geeigneten Standort, das steht derzeit nicht auf unserer Projektliste.

derStandard.at: In Sachen Mobilfunk kann man sich ja ab Neujahr auch bei Merkur eindecken, beim Konkurrenten Hofer schließt man nicht aus, dass man dort vielleicht irgendwann einmal auch Autos kaufen kann, Reisen kann man schon lange in diversen Super- und Verbrauchermärkten buchen: Wie weit gehen die Alltagsprodukte, die verkaufbar sind?

Franek: Man kann nichts ausschließen heutzutage. Was wir versuchen, ist, alle möglichen Dienstleistungen zu ermöglichen, die dem Kunden den Einkauf erleichtern. Wir sind ein Verbrauchermarkt und decken mit über 20.000 Artikeln den täglichen Bedarf ab. Deswegen sehen wir auch die Handysparte für uns geeignet, weil wir auch durch eigene Corner im Markt den Kunden Beratung bieten können. Das ist für den Konsumenten einfacher, der kommt sowieso in den Markt, warum das also nicht gleich mitnehmen? Das Auto ist ein schwierigeres Thema, das ist nach einem Haus die zweithöchste Investition, das ist sicher ein anderer, längerer Entscheidungsweg, bis man so ein Produkt kauft.

derStandard.at: Wenn ich mir eine Banane kaufe, wie viel zahle ich für die physische Banane und wie viel für die Idee Banane?

Franek: Das ist höchst unterschiedlich. Nehmen wir Marken her, nehmen wir natürliche oder biologische Lebensmittel, bei der Marke zahlen Sie natürlich zum Einkaufspreis den Wert der Marke mit, wenn Sie von einem Bauern ein Produkt kaufen, wollen Sie, dass der Bauer in der Region existent bleibt, dafür zahlen Sie mit. Es ist auch immer ein Unterschied von der Logistik her. Kaufe ich jetzt ein hochwertiges Produkt in geringen Mengen oder habe ich Palettenware, da stehen andere Kosten dahinter. Man kann das nur genau produktbezogen betrachten.

derStandard.at: Die Preise für Lebensmittel sind über die Jahrzehnte deutlich gesunken. Geht der Trend weiter?

Franek: Die Preiserhöhungen im letzten Jahr waren mit rund einem Prozent über das Gesamtsortiment angeschaut sehr moderat. Damit sind wir weit unter der Inflation. Ich glaube nicht, dass es zu weiteren exorbitanten Preiserhöhungen über das eine Prozent hinaus kommen wird.

derStandard.at: Kann man den Konsumenten überhaupt klar machen, wieviel die Produktion von Lebensmittel kostet? Ein Hendl zum Beispiel bekomme ich um drei Euro.

Franek: Das ist in der Vergangenheit verabsäumt worden. Mit der Diskontwelle wurden die Preise niedergepresst. Die Wertigkeit zu Lebensmitteln ging dabei verloren. Es muss die Wertigkeit zu einem Lebensmittel wieder gefunden werden, und ich glaube, wir sind alle im Handel am besten Weg. Wenn wir zum Beispiel die Tomaten vom Zeiler aus Niederösterreich verkaufen, verkaufen wir die Geschichte mit dem Bauern mit den Tomaten des Zeilers mit. Wie entstehen die, welche Arbeit steckt dahinter, was sind die Besonderheiten beim Anbau.

derStandard.at: Welche Verantwortung hat da ein Konzern wie Ihrer?

Franek: Natürlich haben wir Verantwortung, weil wir zwischen Hersteller und Konsumenten stehen. Der Robin Hood der Preise sind wir nicht. Wir versuchen partnerschaftlich auszukommen mit den Lieferanten. Die haben auch Kostensteigerungen bei Transport und Energie. Die können wir auch nicht schlucken. Man muss schauen, wo findet man den optimalen Mix, was kann man weitergeben. Das ist ein regelmäßiges Spiel, das war vor zwanzig Jahren so, das wird in Zukunft auch so sein.

derStandard.at: Die Sache mit der Verantwortung und der Moral kann man wahrscheinlich dem Bio-Konsumenten besser verkaufen.

Franek: Da geht es nicht um Verkaufen. Der Konsument kann wählen zwischen Bio, er kann Markenartikel kaufen, er kann aber auch den Preiseinstiegsartikel kaufen. Wir decken mit Clever auch dieses Preisgefüge wie die Diskonter ab.

derStandard.at: Wie sieht die Preisgestaltung aus? Gibt es unterschiedliche Preise bei verschiedenen Merkurmärkten oder bei Billa und Merkur?

Franek: Billa ist der klassische Nahversorger, der Supermarkt um die Ecke. Merkur ist der Verbrauchermarkt mit der größten Auswahl, Penny der Diskonter der Rewe-Group-Austria. Bei Merkur haben wir national die gleichen Preise. Zu den Preisen in Supermärkten ist schon ein großer Unterschied, weil der Konsument kommt nicht jeden Tag zu uns in den Verbrauchermarkt. Er kommt durchschnittlich einmal die Woche, da brauchen wir ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis. Der Konsument muss einen Anfahrtsweg in Kauf nehmen, da braucht er zusätzlich auch ein Preiszuckerl.

derStandard.at: Deswegen hat Merkur auch am 8. Dezember geöffnet im Gegensatz zu Billa?

Franek: Die Idee von Billa ist eine gute. Bei uns werden Wochenendeinkäufe getätigt, wir sind mit unseren Standorten teilweise in Einkaufszentren vertreten und der Konsument erwartet sich, dass ein Verbrauchermarkt, wo alles unter einem Dach ist, geöffnet hat.

derStandard.at: Wie berechenbar ist der Konsument?

Franek: Gar nicht. Er geht zum Hofer und mit dem Hofer-Sackerl dann in das Gucci-Geschäft. (Regina Bruckner)