Beirut - Nachdem die libanesische Mehrheitskoalition den Oberkommandierenden der Streitkräfte, den maronitischen General Michel Sleimane, als künftigen Staatspräsidenten akzeptiert hat, fordert die Opposition eine neue Machtverteilung. Laut Beiruter Presseberichten vom Mittwoch erhebt das Oppositionsbündnis, zu dem sich die beiden Schiiten-Parteien Hisbollah und Amal mit der christlichen "Freien Patriotischen Bewegung" (CPL) von Ex-General Michel Aoun zusammengeschlossen haben, insbesondere Anspruch auf das Innen- und das Justizministerium und verlangt, dass Ministerpräsident Fouad Siniora durch einen "neutralen" Regierungschef ersetzt wird.

Wahl am Freitag

Die Wahl des neuen Staatspräsidenten durch das Parlament soll am Freitag stattfinden. Die Amtszeit von Präsident Emile Lahoud, der von der antisyrischen Mehrheitskoalition als "Befehlsempfänger" Syriens bekämpft und boykottiert worden war, endete am 24. November, ohne dass eine Verständigung über seine Nachfolge erreicht werden konnte. Nach dem "Nationalpakt" von 1943 stellt der katholisch-maronitische Bevölkerungsteil den Staatspräsidenten, während der Premier sunnitischer und der Parlamentspräsident schiitischer Muslim ist. Die schiitischen Minister und ein pro-syrischer Christ waren vor einem Jahr zurückgetreten; das Rumpfkabinett unter Siniora war seither nicht verfassungskonform.

Verfassungsänderung

Der 59-jährige General Sleimane, ein langjähriger Vertrauter Lahouds, wurde von Aoun als Kompromisskandidat für das Präsidentenamt vorgeschlagen. Dass das Regierungslager dem Vorschlag - ohne Begeisterung - zustimmte, wird von politischen Beobachtern auf amerikanisch-syrische Kontakte zurückgeführt. Syrien hatte an der jüngsten Nahost-Konferenz teilgenommen, die auf Initiative von US-Präsident George W. Bush in Annapolis stattfand.

Die Wahl Sleimanes zum Staatschef erfordert eine Verfassungsänderung. Vor ihm waren bereits zwei Armeechefs in das höchste Amt gewählt worden: 1998 General Lahoud und 1958 General Fouad Chehab, der als "libanesischer de Gaulle" in die Geschichte einging. (APA)