Österreichs Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Bartenstein (ÖVP) sagte vor Beginn der Beratungen, er sehe diesmal "eine Chance, eine kleine Chance", gegeben, dass es zu einem Abschluss kommt. Der Grund: Alles spreche dafür, dass sich Frankreich - bisher der "Rädelsführer" der Länder, die sich gegen eine unbefristete Ausnahme insbesondere für Großbritannien, aber auch Deutschland von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von 48 Stunden gestemmt haben - bewegen werde. Die Verhandlungen in Brüssel könnten bis in die Nachtstunden dauern.
Laut Diplomaten könnte Frankreich ein "opt out" auf Dauer akzeptieren, wenn London im Gegenzug bei den Bestimmungen für Leiharbeiter nachgibt, konkret bei der Gleichstellung von Leiharbeitnehmern und Angestellten des Unternehmens auch bei der Entlohnung. Der Kompromissvorschlag des EU-Vorsitzes sieht vor, dass Ausnahmen nur für kurzfristigste Verträge bis höchstens sechs Wochen gelten sollen, Großbritannien verlangt dagegen sechs bis zwölf Monate. Für Leiharbeiter in Österreich würde sich durch die EU-Richtlinie - der Entwurf der EU-Kommission datiert bereits aus 2002 - nicht sehr viel ändern, weil sie bereits jetzt ab dem ersten Tag gleich wie ihre angestellten Kollegen behandelt werden müssen.
EU-Kommission droht mit Vertragsverletzungsverfahren
Bartenstein betonte, eine Einigung auf die beiden Richtlinie wäre "gut". Österreich brauche die Richtlinie, um die Arbeitszeiten in den Krankenanstalten weiter so halten zu können wie bisher. Wenn es zu keiner Einigung komme, müsste Österreich eine Ausnahme von der geltenden Arbeitszeit-Richtlinie im Gesundheitsbereich (Opt Out) erwirken, "was wir aber nicht wollen", so der Minister. Auch Österreichs Sozialminister Erwin Buchinger (SPÖ) betonte am Rande der Beratungen mit seinen Amtskollegen zu EU-Sozialfragen ein "opt out" sei "nicht die erste Wahl". Vernünftiger wäre es, zu Regeln zu kommen, die mit österreichischen Möglichkeiten, etwa dem Kollektivvertragsrecht, vereinbar seien.