Um die Bewohner vor des Nachbars Blicken zu schützen, wurde um das eigentliche Haus gleich noch ein zweites gebaut.

Foto: STANDARD/Newald

Die Ausblicke sind inszeniert: Die Landschaft erscheint in vertikalen Streifen.

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Auch im Innenraum ist alles aus Holz.
(Fotos: Robert Newald)

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Die Kleingartensiedlung, die an den Neustifter Friedhof grenzt, ist ein versteckter, grüner Mikrokosmos am Stadtrand. Er animiert zum Wohnen und Spazieren. Als die Bauherren eines Tages durch ihre künftige Wohnumgebung schlenderten, stach ihnen ein zeitgenössisches, modernes Haus ins Auge - eine Seltenheit im Kleingartenland. Die Baufrau erinnert sich: "Wir haben das Grundstück betreten, der Hausherr hatte gerade die Bohrmaschine in der Hand und entpuppte sich als Architekt. Es hat uns beeindruckt, dass er nicht am Schreibtisch sitzt, sondern am eigenen Haus baut."

Damit war die Zusammenarbeit mit Architekt Georg Marterer eingeleitet. Nur einen Steinwurf entfernt lag das tiefe Hanggrundstück der Bauherren, für das Marterer Pläne schmieden sollte. Hauptaugenmerk galt der Aussicht auf die Weinberge, die gegenüber in der Sonne lagen. Das Haus sollte warm und freundlich sein, etwas anderes als Holz kam für die Bauherren nicht in Frage. "Wir wollten Helligkeit, Transparenz und klare Strukturen, aber auch Bereiche mit größerer Intimität."

Mehrgeschoßige Pergola

Georg Marterer machte sich an die Arbeit - und entwarf einen Holzquader von etwa sechs mal acht Metern. Rundherum ist das Haus von einer mehrgeschoßigen Pergola aus Lärchenlatten umhüllt. Sie verleiht dem Gebäude seinen unverwechselbaren Charakter. Die vertikalen Lamellen bilden eine frei stehende Struktur, die sogar die Terrasse im obersten Stock überragt. Hier wird am Eck des Hauses mit wenig Materie ein turmhohes Zeichen in den Himmel gesetzt.

Doch die Pergola dient nicht nur der Ästhetik, sondern erweist sich auch als höchst funktionell. "Die Überhitzung ist bei Holzleichtbauten immer ein Problem", erklärt Georg Marterer, "ich wollte das Haus daher mit einem Sonnenschutz umkleiden." Das ist Low-Tech mit hoher Effizienz. Einen Nebeneffekt hat das Ganze auch noch: "Man braucht keine Vorhänge", sagt der Bauherr, "ich habe nie verstanden, warum sich die Leute Glasfassaden planen lassen und sie dann verhängen."

Spiel mit Bauordnung

Besondere Freude bereitet dem Franzosen das französische Fenster im obersten Stock, das direkt an das Glasband anschließt und sich voll unerfüllter Sehnsucht ins Leere öffnet. Hinaustreten? Hier nicht. "Die Bauordnung erlaubt nur einen einzigen Balkon. Wir wussten anfangs nicht, ob wir oben im Freien die Sonne oder den Blick auf die Weinberge genießen wollen", sagt die Baufrau. Schließlich fiel die Entscheidung zugunsten eines kleinen Sonnenbalkons auf der Südrückseite des Hauses. Nun kann man vom Schlafzimmer aus hinaustreten und an der frischen Luft Sonne tanken.

Wichtig nahm der Architekt auch die Freiraumgestaltung: Die Terrasse an der Hinterseite ist teilweise gedeckt und versprüht eine lauschige Atmosphäre. An der vorderen Terrasse wiederum schaffen Böschungsmauern den Kindern eine ebene Spielfläche.

Schließlich ließ sich Georg Marterer eine Alternative zu den gängigen Lattenzäunen und Thujenhecken einfallen. Sein Vorschlag, den Gehweg im Norden als Gabionengitter auszubilden, stieß beim Stadtgartenamt auf wohlwollendes Einverständnis. In die steingefüllten Stahlkörbe ist sogar eine Sitzbank integriert, auf der sich Passanten eine kleine Spazierpause gönnen können - eine weltoffene Option im hübschen Kleingartenland. (Isabella Marboe, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1./2.12.2007)