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Bauarbeiter in Dakar: Während die senegalesische Regierung große Bauprojekte initiiert, versuchen viele junge Senegalesen zu fliehen und Arbeit in Europa zu finden.

Foto: Reuters/O’Reilly
Dakar/Lissabon – Ein mit Zwiebeln beladener Lkw verlässt schwerfällig den Hafen von Dakar. In der Lagerhalle vor dem Ausfahrtstor stapeln sich mit Reis gefüllte Säcke bis an die Decke. Die Zwiebel kommen aus Holland, der Reis aus Thailand.

Einige Straßen weiter auf den Märkten bieten Händler asiatischen Mais feil. Ihre Tomaten liefert Italien, Frankreich das Milchpulver, für die Hendlschenkel sorgen Produzenten aus ganz Europa. „Diese Importe haben unseren Markt in Senegal zerstört“, sagt der Agrarwissenschafter El Haji Hamath Hane.

Die lokalen Bauern hätten gegen die hochsubventionierte Ware keine Chance. Sie treten mit Hacken und Pflügen gegen eine Hightech-Industrie an. Auf den Märkten bleiben sie auf ihrem Gemüse und Getreide sitzen, soziale Absicherung fehlt. „Die Leute haben kein Geld, kaufen das Billigste“, sagt El Hane. Das seien etwa Zwiebel aus Holland.

El Hanes Eltern waren Bauern. Er selbst hat es an die Universität geschafft, im Ausland studiert und sein Erspartes in den Aufbau eines Bio-Betriebs in Mbour, zwei Autostunden von Dakar entfernt, gesteckt. Seine Eltern hätten nicht gewollt, dass er in die Landwirtschaft zurückkehre, sagt er lächelnd. Auch seine zwei Kinder wollen einen anderen Weg einschlagen. Doch er selbst sei Landwirt aus Leidenschaft.

Einfach macht man es ihm nicht. Senegal hat den Markt für ausländische Lebensmittel geöffnet, die Zölle gesenkt und Quoten abgeschafft. Die Folge ist eine Flut an Billigware aus Ländern, die froh sind, ihre Überproduktion loszuwerden. Für ein Land, in dem der Großteil der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebt, fatal.

Altes Wissen fehlt

Doch ein Ende der Exportsubventionen der EU und USA würde nur ein, nicht alle Probleme lösen, sagt El Hane. „Europa ist weit weg. Man muss die lokalen Probleme verstehen, vor Ort etwas bewegen.“

Senegal wurde einst auf den Export von Erdnüssen spezialisiert, andere Agrarprodukte schraubte man zurück. Doch dann brach der Erdnussmarkt zusammen. El Hane: „Das war der Kollaps.“ Nun müsse das alte Wissen über Mischkulturen neu erlernt und der ausgelaugte Böden gestärkt werden.

El Hane hat in sein Bioprojekt mehr als 100 Bauern eingebunden. Vom Versuch, ihre Produkte in Dakar zu verkaufen, ist man abgekommen. Es fehlte die Nachfrage. Jetzt vertreiben die Landwirte ihr Gemüse auf den kleinen lokalen Märkten. Konkurrenzware aus dem Import gibt es nur in größeren Städten. Und die sind 25 Kilometer entfernt, ein zu weiter Weg für Pferdekutschen.

Noch bildet El Hane andere Bauern aus. Er lehrt sie Mischkulturen anzubauen, die Böden zu verbessern und Kompost statt Chemie einzusetzen. Immer wieder reist er für Vorträge nach Europa. „Doch irgendwann will ich mich auf meinen Hof zurückziehen und nur noch dort arbeiten.“

Die Wirtschaftsbeziehungen werden auch am Samstag und Sonntag beim EU-Afrika-Gipfel in Lissabon ein Thema sein. Bei dem seit sieben Jahren erstmals wieder stattfindenden Treffen zwischen den Regierungschefs und Staatsoberhäuptern aus 53 afrikanischen Staaten wird auch über Klimawandel, illegale Einwanderung, Terrorismus und Sicherheitspolitik debattiert. Der Afrikanischen Union (AU) geht es vor allem darum, von der EU Zusagen für die Finanzierung von AU-Friedenstruppen – etwa in der westsudanesischen Provinz Darfur – zu bekommen.

Auf dem EU/Afrika-Gipfel in Lissabon am Wochenende sind auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Kontinenten ein Thema. Im Senegal haben die Bauern keine Chance gegen die Agrarprodukte aus Europa, die den Markt überschwemmen. (Verena Kainrath/DER STANDARD, Printausgabe, 6.12.2007)