Schauspielstar Dominique Horwitz: Spielte zuletzt in Berlin Theater – und mimt jetzt einen Zyniker in Wien.

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Wien – Man muss schlechthin unvereinbare Dinge zusammendenken können, um dem Schauspieler und Sänger Dominique Horwitz (50) gerecht zu werden: Das Charaktergesicht mit den großen Ohren, durchscheinend wie prächtige Kirchenfenster, ist fester Bestandteil der jüngeren deutschen Film- und Fernsehgeschichte ("Der große Bellheim", "Stalingrad"). Auf dem Theater hat man ihn in "Black Rider" von Robert Wilson auch in Wien gesehen; Brecht singt er ebenso eigenwillig wie die Chansons von Jacques Brel.

Man langweilt ihn durchaus mit der Frage nach seinen Brel-Vorlieben: Ob er Michael Heltaus Einwienerungen gehört habe? Scott Walkers englischen, vom Schmerz gepeinigten Bariton? David Bowie? Horwitz’ Miene kann freundlich pikiert dreinblicken. Er sei bis zu seinem 14. Lebensjahr in Paris aufgewachsen. Er habe sich mit dem "Dichter" Brel daher ausschließlich originalsprachlich auseinandergesetzt. Man möge sich seine neue CD anhören: Ne me quitte pas – seit neuestem musiziere er sogar mit großem Orchester. Zu beziehen ist sein Tonträger bei "Rosenkranz Guildenstern" c/o "Traumton".

Im Wiener Josefstadt-Theater spielt er ab Donnerstagabend, 19.30 Uhr, in dem Drei-Personen-Stück "Wie es so läuft" des US-Amerikaners Neil LaBute eine völlig undurchdringliche Zerstörerfigur: "Der Mann" trifft in einer Shopping-Mall eine Jugendliebe wieder. Es knistert zwischen den beiden: "Belinda" (Sandra Cervik) führt eine einigermaßen zerrüttete Ehe mit dem schwarzen Lauf-Ass "Cody" und scheint einem Seitensprung grundsätzlich nicht abgeneigt.

Zynismus pur

Die makellose Upper-Class-Fassade wird von dem Eindringling mühelos abgetragen. Er zieht in eine Garagenwohnung in der unmittelbaren Nähe des Paars. Er erduldet die übel gelaunten Anwürfe des um seine sexuelle Oberhoheit fürchtenden Ehemanns, und er bekennt freimütig, aufgrund eines rassistischen Ausfalls als geschasster Anwalt vor dem Nichts zu stehen. Das alles spickt "Der Mann" mit erzählerischen Bonmots – besitzt er doch die grimassierende Deutungshoheit gegenüber dem Publikum. So bleibt es nicht aus, dass die Geschichte kippt und jeden moralischen Anspruch unter sich begräbt.

Horwitz, der in Torsten Fischers Regie spielt, meint: "Das Stück ist unglaublich zynisch – LaBute lässt kein gutes Haar an Beziehungen im Allgemeinen. Alles ist bankrott, geheuchelt, von Eigennutz getragen. Das ist bitter, verträgt sich nur überhaupt nicht mit meinem Weltbild. Einen moralischen Schurken zu spielen, der obendrein auch noch ohne Biografie daherkommt und dem Publikum zeigt, dass es sich das Leben schönredet – das ist natürlich andererseits eine fantastische Aufgabe. Das hat nicht nur mit meinem sportiven Ehrgeiz zu tun – in letzter Konsequenz habe ich wie jeder Mensch meine armseligen Seiten, meine großen und kleinen Lebenslügen! Sich diese Tatsache zu vergegenwärtigen, dass das Leben bittere Seiten hat – das ist nicht neu. Die dahinter liegende Lebensphilosophie, die bekämpfe ich aber."

Privat sei er ein "Teamplayer". Und: "Nein, solche Stoffe setzen nichts in mir frei. Der Grund, warum ich dieses Stück mache, ist profan: Ich schätze Regisseur Fischer über alle Maßen. Die geistige Auseinandersetzung muss ihn interessieren. Ich kann mich dem Nihilismus von LaBute freudig stellen, auch wenn ich persönlich ungesund lebensbejahend bin!" (Ronald Pohl / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 6.12.2007)