Stockholm - Eine 30 Jahre alte Affäre um die Verwicklung von Spitzenpolitikern in einen Prostitutionsskandal ist am Mittwoch in Schweden erneut aufgeflammt. Zwei laut eigenen Angaben ehemalige Kinderprostituierte fordern nun vom Staat je eine Million Kronen (106.400 Euro) Wiedergutmachung und eine Entschuldigung der noch lebenden, damaligen Kunden. Eine der beiden Frauen, die nach eigener Aussage damals als 14-jährige als Prostituierte ausgenützt wurden, gab an, zweimal auch den seinerzeitigen Ministerpräsidenten Olof Palme zum Kunden gehabt zu haben.
Weitere, teilweise schon 1977 in Zusammenhang mit der "Bordell-Affäre" genannte Personen sind der nachmalige bürgerliche Ministerpräsident Thorbjörn Fälldin, der damalige sozialdemokratische Justizminister Lennart Geijer (nach dem der Skandal bin der schwedischen Medien-Geschichte ebenfalls benannt ist, Anm.), der ehemalige Vorsitzende der Zentrumspartei Olof Johansson, sowie die beiden Ex-Minister Torsten Nilsson und Thage G. Peterson (beide Sozialdemokraten). Insgesamt soll es laut dem Anwalt der beiden Ex-Prostituierten eine Liste mit 70 Namen von mutmaßlichen Kunden geben.
"Lüge"
Damals wie heute wiesen die Beschuldigten, beziehungsweise deren Angehörige alle Vorwürfe zurück. Thorbjörn Fälldin bezeichnete die Anschuldigungen 1978 als "Lüge", Olof Johansson sagte am Mittwoch gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT, er begreife nicht, wie jemand, der so etwas fabriziere, in der Nacht gut schlafen könne. Palmes Sohn Marten bezeichnete den Vorwurf der angeblichen Ex-Kinderprostituierten als "bizarr". Er wundere sich, warum diese sich jetzt erst daran erinnern könne, wo die Geschichte zuletzt 2004 in Form eines Buches aufgearbeitet worden sei.
1977 und 1978 schlug die Geschichte in dem skandinavischen Land große Wellen, nachdem berichtet worden war, dass Polizeichef Carl Persson Ministerpräsident Olof Palme über ein mögliches Risiko für Staatssicherheit gewarnt hatte, weil in dem betreffenden, aufgeflogenen Callgirl-Ring auch mutmaßliche KGB-Agentinnen aus mehreren Oststaaten, darunter Polen, tätig waren. Die Chefin des Prostitutionsrings, Doris Hopp, wurde wegen Kuppelei zu einer zweijährigen Haftstrafe verurteilt. Schon damals war bekannt, dass sie auch minderjährige Mädchen beschäftigte. Hopp starb 1998. Die Vorwürfe gegen die ehemaligen Kunden sind nach schwedischem Recht heute jedenfalls verjährt.(APA)