Das Kanzleramt bereitet den neuen Gesetzestext schon vor, falls die Höchstrichter den Passus kippen. Künftig dürfte im Gesetz stehen: Wer ohne unzumutbaren Aufwand ORF empfangen kann, der wird zur Kasse gebeten.
Unfair? Natürlich könnte man den ORF in einen Pay-Sender wie Premiere umwandeln. Wer sehen will, zahlt, womöglich nicht pro Kanal sondern gleich pro tatsächlich konsumierte Sendung. Das Prinzip widerspricht allerdings dem Grundgedanken öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Dieser Typ TV sollte zunächst, als Frequenzen knapp waren und Politiker das Medium nicht aus der Hand und Privaten geben wollten, eine Grundversorgung mit Programm liefern. Möglichst objektiv und unabhängig per Definition, nicht aber in der Realität.
Wozu aber heute noch einen öffentlichen Versorger, wenn es Unmengen von privaten Anbietern gibt? Er soll Programm über jenes hinaus anbieten, das private Sender mit Werbung (oder Abogebühren wie bei Premiere) auf dem Markt finanzieren können. Anspruchsvolles Programm soll er laut Gesetz liefern, Bildung, Minderheiten berücksichtigen. Ob er das auch tut und in allen Programmen, kann der Zuschauer beurteilen. Nicht nur er: Nun prüft die EU, ob der ORF mit seinen Gebühren den Wettbewerb mit anderen Medien verzerrt.
2010 wieder im Minus
Der ORF basiert auf dem Prinzip Staatsoper oder Burgtheater: Wir alle zahlen dafür mit, nutzen aber beileibe nicht alle das Angebot. Der feine Unterschied: Geldforderungen für Theater & Co. finden wir nicht alle zwei Monate auf einem Erlagschein oder bei Einziehungsauftrag auf dem Kontoauszug.
Die ORF-Gebühr in eine Steuer umzuwandeln, lehnte die Anstalt stets ab: Das machte den Küniglberg (noch) abhängiger von der Politik. Von der Politik abhängig gibt sich der ORF auch so: In seiner Finanzvorschau sagt der ORF-General für 2008 ein Ergebnis von minus 17 Millionen Euro voraus, 2009 plus zwei – und 2010 wieder minus 15 Millionen. Trotz Gebührenplus und 118 Millionen Einsparung. Ein Signal an die Politik: Ich brauche auch gesetzliche Lockerungen, etwa bei Werbung.