Melk - Der Vater der am Donnerstag in Ybbs (Bezirk Melk) ums Leben gekommenen kleinen Hava habe das Kind von Anfang an nicht gewollt. Der 22-Jährige steht im Verdacht, das 21 Monate alte Mädchen aus dem Fenster des Kinderzimmers einer Wohnung im zweiten Stock geworfen zu haben. Die Tochter erlitt dabei so schwere Verletzungen, das sie wenig später starb, berichtete die Polizei.

Vor der Tat sei es zu einem Streit zwischen dem Paar gekommen. Wie Oberst Ernst Schuch vom Landeskriminalamt Niederösterreich (LK NÖ) zur APA sagte, habe sich die 18-Jährige von dem vier Jahre älteren Mann trennen wollen. Bei der Einvernahme gab der Mann an, "das Kind sowieso nie gewollt zu haben", hieß es seitens der Polizei.

Im Zuge der Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau habe der 22-Jährige das Kind aus dem Fenster geworfen. Die kleine Hava fiel 8,70 Meter zu Boden und erlitt dabei schwerste Kopfverletzungen. Das Kind starb während des Transports in ein Linzer Krankenhaus, in der oberösterreichischen Landeshauptstadt konnte nur noch der Tod festgestellt werden.

"Widerstandslos festnehmen"

Nach der Tat habe die 18-Jährige um Hilfe geschrien. Nachbarn hätten in der Folge die Türe zu der Wohnung des Verdächtigen eingetreten und diesen bis zum Eintreffen der Polizei festgehalten. Der 22-Jährige zeigte sich laut Polizei geständig, seine Tochter mit Tötungsabsicht aus dem Fenster geworfen zu haben. Er wurde in die Justizanstalt St. Pölten eingeliefert.

Mehrfach traumatisiert

Der Täter, ein Flüchtling aus Tschetschenien, ist offenbar psychisch und physisch schwer geschädigt. Das teilte Markus Grubinger, Leiter der Caritas-Flüchtlingsbetreuung in Niederösterreich, am Donnerstag mit. "Wir kennen den Mann und und seine Frau. Er war zeitweise im Flüchtlingshaus St. Gabriel im Rahmen der Grundversorgung untergebracht worden.", so Grubinger. Es habe in anderen Stellen bereits Probleme wegen seiner psychischen und physischen Situation gegeben. "Der Mann hatte mehrere Aufenthalte in psychiatrischen Krankenhaus in Gugging hinter sich. Er war mehrfach-traumatisiert und war auch körperlich verstümmelt worden", sagte Grubinger. Der Verdächtige sei weiters in medikamentöser Behandlung gestanden.

Keine Betreuung

Das Asyl bekam der Mann wegen seiner in Tschetschenien erlittenen physischen und psychischen Verletzungen in Österreich - so Grubinger - relativ schnell. Damit endete aber die Grundversorgung und er wurde in den österreichischen Alltag entlassen. Der Caritas-Mitarbeiter: "Uns zeigt dieser tragische Fall, dass wir dringend Plätze für solche Menschen für eine längerfristige Betreuung benötigen. Wenn es auch hier mehr um einen kranken Mann geht, bei vielen tschetschenischen Flüchtlingen handelt es sich um 30- bis 35-Jährige, die zwei Kriege miterlebt haben und keinen Schulabschluss besitzen." Ein Pilotprojekt der Caritas hätte gezeigt, dass man 70 bis 75 Prozent der solcher Menschen schließlich doch auf dem ersten oder zweiten Arbeitsmarkt unterbringen könne.

Grubinger: "Gerade die Tschetschenen sind einer besonders schwierigen Situation. Sie haben in ihrer Heimat oft zahlreiche Tode, Fälle von Vergewaltigungen etc. miterleben müssen. Der Anteil der Traumatisierten ist sehr hoch." Ähnlich auch Charlotte Aykler vom niederösterreichischen Gewaltschutzzentrum: "Diese Menschen sind aus einer Kriegsumgebung geflüchtet. Sie sind fern ihrer Heimat und leben oft 'sprachlos' unter uns. Sie kommen auch oft gar nicht an das notwendige Wissen für Hilfsangebote heran."

Die Mutter des toten Mädchens stand am Freitag weiter in Behandlung, sie erlitt einen schweren Schock. (APA)