Im Raucherkammerl im Parlament wird unter Schirm gepafft. Die Abgeordneten müssen bald entscheiden, wo und wie in der Gastronomie geraucht werden darf.

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Wien - Neuneinhalb Stunden ohne Zigarette können für einen Raucher eine fingernägelzerkauende Ewigkeit dauern. Wer mit der Bahn von Wien nach Hamburg fahren will, muss aber mindestens diese Zeitspanne lang auf den Lungenzug verzichten - denn seit diesem Wochenende herrscht in allen österreichischen und deutschen Reisezügen totales Rauchverbot. Womit ein Kundenwunsch erfüllt werde, betont man bei den ÖBB.

Bundesbahnen-Vorstandssprecher Martin Huber lud am Freitag Medienvertreter in den Westbahnhof zur Pressekonferenz und kameratauglichen persönlichen Information der Fahrgäste. An seiner Seite: Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky (VP), die die Entscheidung der Bundesbahnen naturgemäß lobte.

Räumliche Trennung

Die Ressortchefin wird offiziell erst am Montag ihre Gesetzespläne zur Trennung von Rauchern und Nichtrauchern in der Gastronomie erklären. Bereits am Donnerstagabend bestätigte sie jedoch gegenüber der Austria Presse Agentur einen Bericht der Zeitung Österreich, dass Lokale mit über 75 Quadratmetern Fläche eine räumliche Trennung der beiden Gruppen brauchen werden. Kleinere Lokale müssen sich entscheiden, ob sie sich der Raucher- oder Nichtraucherfraktion anschließen wollen. Eine Lösung, die Kdolsky schon im April angekündigt hat.

Bei vielen Medizinern stößt die ausgebildete Fachärztin damit ebenso auf Unmut wie bei Wirten. "Ich bin eher pessimistisch", meint Manfred Neuberger von der Ärzteinitiative gegen Raucherschäden im Gespräch mit dem Standard. "Meinem Wissensstand nach haben die Beamten im Gesundheitsministerium noch Strafsanktionen in den Gesetzesentwurf geschrieben, die offenbar vorerst nicht verwendet werden", meint der Umweltmediziner.

Darüber hinaus kritisiert er den Umgang Kdolskys mit der Statistik. Die Ministerin argumentiere immer, fast die Hälfte der Bevölkerung rauche, und daher würde ein generelles Rauchverbot in Innenräumen zu weit führen, ärgert sich Neuberger.

23 Prozent qualmen

Im Gegensatz dazu stehen die Zahlen der "österreichischen Gesundheitsbefragung", die vor eineinhalb Wochen präsentiert worden ist - von Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky. Laut dieser Erhebung der Statistik Austria rauchen nur 23 Prozent der österreichischen Bevölkerung über 15 Jahre täglich.

Die Erklärung für die recht unterschiedliche Interpretation der Zahlen liegt in der Definition, wann ein Raucher ein Raucher ist. Denn zählt man zu den täglichen Qualmern auch Gelegenheits- und Exraucher dazu, definieren sich in der Gesundheitsbefragung nur mehr 51 Prozent als echte Nichtraucher. Und so kommt Kdolsky auf die Hälfte-Hälfte-Teilung der Bevölkerung.

Von diesen Zahlen wird wohl auch entscheidend abhängen, welche Folgen die neue Regelung für die Gastronomie hat. Speziell Betriebe mit mehr als 75 Quadratmeter fühlen sich teils benachteiligt. Sollten sie den Umbau scheuen, müssten sie sich zu Nichtraucherlokalen erklären. Und dann, wird befürchtet, würden die Gäste in nahe gelegene kleinere Raucherbetriebe abwandern. (Michael Möseneder, DER STANDARD Printausgabe, 1./2.9.2007)