Der Internationale Währungsfonds (IWF) nimmt derzeit die Finanzmarktstabilität Österreichs unter die Lupe – eigentlich ein routinemäßiger Vorgang. Dennoch ist der Aufruhr unter den Finanzmarktteilnehmern hier zu Lande groß. Denn der IWF zeigt sich besorgt über die Risiken der Engagements der Wiener Geldinstitute in Zentral- und Osteuropa. Fällt der Abschlussbericht negativ aus, könnte das durchaus Kursverluste bei den börsenotierten Banken zur Folge haben.

Trotz Subprimekrise sprudeln die Erträge

Der widrigen Umstände auf den internationalen Finanzmärkten zum Trotz laufen die Geschäfte bei den österreichischen Banken hervorragend. Nach Angaben der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) verzeichneten die Wiener Institute in den ersten drei Quartalen 2007 einen Zuwachs des Betriebsergebnisses von 4,1 Prozent auf 4,6 Milliarden Euro. Das teilweise turbulente Börseumfeld und ungünstige Wechselkursentwicklungen dämpften zwar die Dynamik bei den Betriebserträgen, sie kletterten um 3,1 Prozent. Allerdings erhöhten sich die Betriebsaufwendungen gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres nur um 2,5 Prozent. Angesichts der schwierigen Marktlage zeigte sich bei den Erträgen aus Wertpapieren und Beteiligungen mit plus 4,2 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro ein abgeschwächtes Wachstum. Ein Rückgang von 44,7 Prozent auf 0,3 Milliarden Euro wurde beim Finanzgeschäft gemeldet. Demgegenüber stand allerdings ein um 11,4 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro gestiegenes Provisionsgeschäft sowie ein verhältnismäßig hoher Zuwachs beim Zinsgeschäft von plus 1,6 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro. Bemerkenswert sind die von Österreichs Banken geschätzten Vorschauwerte für das heurige Jahresergebnis. Der Wertberichtigungsbedarf im Kreditbereich wird mit 1,48 Milliarden Euro um 16,1 Prozent deutlich unter dem Schätzwert des Vorjahres angesetzt. Österreichs Institute scheinen somit kaum von den Auswirkungen der Krise auf dem Markt für US-Subprimekredite betroffen zu sein. Für das gesamte Geschäftsjahr 2007 rechnen die in Österreich meldepflichtigen Kreditinstitute mit einem Jahresüberschuss von 4,4 Milliarden Euro, der damit um 13,6 Prozent über dem 2006er-Wert liegen würde.

Osteuropa treibt das Geschäft an...

Ein wichtiger Faktor für die stabile Ertragslage der heimischen Geldhäuser ist das Auslandsgeschäft. Frühzeitig haben Österreichs Banken die Chancen in Zentral- und Osteuropa erkannt und dort ihre Zelte aufgeschlagen. Die Expansion ging teilweise organisch, meist aber durch Übernahmen vonstatten. Mittlerweile sind diese Töchter für die Geschäftstätigkeit und den Erfolg ihrer Konzernmütter und damit für das gesamte österreichische Bankwesen von besonderer Bedeutung. Zuletzt waren zwölf hier zu Lande ansässige Banken in 16 zentral- und osteuropäischen Ländern mit Töchtern vertreten, unter anderen in den EU-Mitgliedsstaaten Lettland, Polen, Slowakische Republik, Slowenien, Tschechische Republik und Ungarn sowie in Albanien, Bosnien & Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Montenegro, Rumänien, Russland, Serbien, Ukraine und Weißrussland. Die in Österreich beheimateten Banken sind mittlerweile die größten Investoren im zentral- und osteuropäischen Markt, der generell von westeuropäischen Häusern dominiert wird. Die in der Region aktivsten Institute sind die Bank Austria-Creditanstalt, die Erste Bank und die Raiffeisen Zentralbank, die zusammen fast 90 Prozent der Gesamtbilanzsumme der österreichischen Tochterbanken in Zentral- und Osteuropa stellen.

Im 2. Teil:...birgt aber auch erhebliche Risiken

...birgt aber auch erhebliche Risiken

Wie schon in den Jahren zuvor haben die zentral- und osteuropäischen Tochterbanken auch im Jahr 2006 einen wesentlichen Beitrag zu den Erträgen der österreichischen Kreditinstitute geliefert. Mit Ausnahme der Bawag erzielen die fünf größten Banken unseres Landes rund die Hälfte der Erlöse in dieser Region. Den erhöhten Ertragsaussichten im zentral- und osteuropäischen Markt stehen freilich auch Risiken gegenüber. Dazu zählen makroökonomische Ungleichgewichte, die in etlichen Ländern der Region in Form von simultanen Budget- und Leistungsbilanzdefiziten bestehen und eine erhöhte Abhängigkeit von ausländischen Investoren nach sich ziehen. Des Weiteren können die Ergebnisse von Risikomanagementsystemen zur Messung des Kreditrisikos angesichts vergleichsweise kurzer Kredithistorien möglicherweise wenig aussagekräftig sein. Schließlich kann eine Intensivierung des Wettbewerbs zu einer Verringerung der Margen führen.

Internationaler Währungsfonds ist kritisch

Genau diese Risiken sind es, die der Internationale Währungsfonds (IWF) derzeit einer kritischen Prüfung unterzieht. Die Untersuchung ist zwar routinemäßig und erfolgt im Rahmen der regelmäßig stattfindenden Prüfung der Finanzmarktstabilität Österreichs. Dennoch hat sie in der Bankenbranche für erheblichen Aufruhr gesorgt. Die Vertreter von Erste Bank, Raiffeisen International (RI) & Co. befürchten, der IWF könne zu einem negativen Abschlussbericht bezüglich der Osteuropa-Risiken kommen. Bereits 2004 hatte der Fonds auf die Gefahren der Ostexpansion der Banken hingewiesen. Seitdem haben die Geldhäuser ihre Engagements noch kräftig ausgebaut. Insbesondere die Kreditvergabe wurde massiv ausgeweitet. Auch die Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) zeigte sich jüngst wegen des teilweise regelrechten Kreditrauschs in Osteuropa besorgt. Vor allem in Bulgarien und Rumänien sieht S&P Gefahren einer Konjunkturüberhitzung. In beiden Ländern haben sich die Kredite zuletzt erheblich verteuert. Höhere Zinsen, steigende Inflationsraten und eine Verknappung der Liquidität könnten das Wirtschaftswachstum in diesen Ländern erheblich bremsen.

Aktie der Erste Bank auf „Sell“ zurückgestuft

Auch wenn OeNB-Chef Klaus Liebscher vor einer Dramatisierung der Lage warnt, gab es von Analystenseite bereits die ersten Reaktionen. So hat die Schweizer Investmentbank UBS die Aktie der Erste Bank auf „Sell“ zurückgestuft. Als Grund nannten die Experten die Abhängigkeit der Wiener von der rumänischen Tochter BCR. Sie stelle ein Risiko für das Gewinnwachstum der gesamten Gruppe dar, so die UBS. Schon in den ver-gangenen Wochen entwickelte sich die ATX-Aktie deutlich schlechter als der Gesamtmarkt. Sollte der Abschlussbericht des IWF nun auch noch negativ ausfallen, drohen weitere Kursverluste.

Im 3. Teil: Wie Anleger jetzt reagieren sollten

Wie Anleger jetzt reagieren sollten

Ein Direktinvestment in die beiden Titel Erste Bank und RI erscheint derzeit zu riskant. Anleger sollten stattdessen auf Discount-Zertifikate ausweichen. Sie erlauben selbst dann noch eine ansehnliche Rendite, wenn die Basiswerte seitwärts tendieren oder sogar leicht fallen. Als Caps sollten Werte unter den aktuellen Kursen gewählt werden. Sal. Oppenheim bietet ein Papier an (ISIN DE 000 SBL 76J 3), das bei einer Restlaufzeit von etwa sechs Monaten einen um knapp 20 Prozent günstigeren Einstieg in die Erste Bank-Aktie ermöglicht. Bei einem Cap von 45,00 Euro beträgt die Rendite derzeit 4,7 Prozent bzw. 9,0 Prozent p.a. Von der Commerzbank ist ein interessantes Papier auf RI erhältlich (ISIN DE 000 CB5 EMN 3). Hier beträgt die erzielbare Rendite sogar 10,3 Prozent bzw. 13,0 Prozent p.a. Diese können Anleger sogar dann erzielen, wenn die RI-Aktie bis zum Ende der Laufzeit am 25. September 2008 bis auf den Cap von 90,00 Euro fällt.

ZJ-Fazit

Die Prüfung der Osteuropa-Risiken durch den IWF könnte die Papiere der im ATX notierten Bankaktien noch eine Weile belasten. Daher sollten Anleger Discount-Zertifikate den Direktinvestments in die Aktien von Erste Bank und RI vorziehen. Diese bieten auch in Seit- oder begrenzten Abwärtsbewegungen der Basiswerte noch ansehnliche Renditen.