Anlässlich des 800sten Geburtstags von Rumi waren Derwische zu Gast in der Wiener Votivkirche.

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Das Mausoleum von Rumi, Wahrzeichen der Stadt Konya.
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Dschalal ad-Din Rumi. Beim Versuch, diesen Namen auszusprechen rotiert die Zunge im Mund. Darum wird der Gründer des Mevlevi-Derwischordens auch der Einfachheit halber Rumi genannt. Trotzdem steht er in engem Zusammenhang mit der Rotation – und zwar jener des menschlichen Körpers um die eigene Achse in halsbrecherischer Geschwindigkeit, die die Anhänger des Ordens vollführen, um in Trance zu geraten und damit Gott näher zu sein.

Geboren wurde Rumi am 30. September 1207 in Balkh, damals Persien, heute Afghanistan. Sein Vater war Prediger und Anhänger des Sufismus. Der Sufismus ist eine spirituelle, mystische Richtung des Islam. Seine Anhänger heißen Sufis oder Derwische und ihr erklärtes Ziel ist es, Gott so nahe wie möglich zu sein. Mit seinem Vater zog Rumi als Kind nach Anatolien, studierte unter seinem Vater Islamwissenschaften in Konya und übernahm später den Lehrstuhl an der dort ansässigen Universität.

Um ihr Ziel zu erreichen, praktizieren die Derwische asketische Übungen, Meditation und jene Schwindel erregenden Tänze, für die sie bekannt sind. Der Tanz ist aber nur ein Teil des Weges, den ein Mevlevi-Derwisch zurücklegen muss. Es gehören unter anderem auch der Glaube, das Gebet, das Fasten, das Spenden von Almosen sowie das Beherrschen guter Umgangsformen dazu. Um den Tanz zu lernen, klemmen sich die Novizen einen in den Boden geschlagenen Nagel zwischen die ersten beiden Zehen und lernen auf diese Weise, eine imaginäre Achse durch die Körpermitte zu finden, um die sie sich drehen. Diese Unterweisungen erhielten sie früher im Versammlungshaus (Mevlevihane), auch Mutterhaus genannt.

Die UNESCO hat den Mevlevi-Derwischorden 2005 in die Liste des immateriellen Erbes der Menschheit aufgenommen und erklärte 2007 zum Rumi Jahr. Rumi lebte und starb in Konya, Hauptstadt der gleichnamigen und flächenmäßig größten Provinz in der Türkei. Etwa 200 Kilometer von Ankara entfernt und auf fast 1.200 Metern Seehöhe, bildet Konya das geographische Zentrum Anatoliens. Wahrzeichen der Stadt ist das Mausoleum von Dschalal ad-Din Rumi, das heute ein Museum und ein Wallfahrtsort für Muslime und Sufis ist.

Atatürk hatte 1925 sämtliche religiöse Aktivitäten verboten und somit auch die Ausübung des Tanzes der Derwische. Anlässlich des Jahrestages von Rumis Tod am 17. Dezember 1954 durften sich die Derwische dann doch wieder drehen – allerdings nicht mehr, wie ursprünglich üblich, im Mutterhaus, sondern in einer Sporthalle. Besucher von Konya können den Derwischen heute bei ihren Tänzen zusehen.

Rumi verfasste im Laufe seines Lebens eine große Zahl an Versen. Besonders bekannt ist sein 25.700 Verszeilen umfassendes Gedicht Mathnawi.

Wie ich die Liebe auch beschreiben und erklären will, wenn ich zu ihr komme, schäme ich mich dafür. Mag auch die Sprache manches erklären, Liebe ohne Sprache macht es klarer. Die Feder beeilt sich, zu schreiben; wenn sie zur Liebe kommt, zerbricht sie.
(Dschalal ad-Din Rum/Mathnawi)
(red)