Ein Horrorszenario. Derartige Ausmaße nimmt der Schimmel zwar selten an, die Alarmglocken sollten aber schon bei den ersten Schimmelanzeichen läuten.

Collage: Isabella Kohlhuber
Mittels einfacher Messungen und kostspieliger, aber effizienter Methoden macht man des Schimmels Hölle heiß.

***

Gegen Ende des Jahres wird der Mensch zum Keksebackenden Stubenhocker. Zum beschaulichen Finale zündet er eine Kerze auf dem Adventkranz an, nimmt Platz vor dem knisternden Kaminfeuer und schnuppert an den wohlriechenden Küchendämpfen, die sich allmählich in der ganzen Wohnung ausbreiten. Kaum jemand denkt in dieser beschaulichen Jahreszeit daran, regelmäßig die Fenster aufzureißen und einmal ordentlich durchzulüften - sehr zur Freude der Schimmelpilzkulturen, die angesichts hoher Luftfeuchtigkeit, kühler Außenwände und stehender Luft besser gedeihen denn je.

"Schimmelsporen fliegen in jedem Raum herum", sagt Bauphysiker Jochen Käferhaus, "man sieht sie nicht, man spürt sie nicht, und sie tun einem nichts - außer man ist Allergiker." Gefährlich und unangenehm werden die Sporen in der Regel erst dann, wenn sie sich auf einem Bauteil niederlassen und sich dort in prächtigen Farbmustern und Formen ausbreiten. Wann und wo sie sich niederlassen, ist schnell gesagt: Übersteigt die Innenraumfeuchtigkeit 65 bis 70 Prozent, so sind des Schimmels liebster Platz kühle Außenwände, auf denen sich in Folge schlechter und unzureichender Wärmedämmung Kondensat bildet.

Ecken und Kanten

Von Schimmelbefall bedroht sind vor allem Wandecken und Deckenkanten sowie jene Bauteile, die unmittelbar an Terrassentüren und Fenster grenzen. Aber auch hinter Kästen lassen sich die Sporen bevorzugt nieder. Käferhaus: "Schimmel werden Sie überall dort finden, wo es kühl und feucht ist bzw. wo die Luft nicht mehr ausreichend zirkulieren kann." Die Erste Hilfe gegen Schimmel in der Wohnung lautet daher: Möbel von der Wand abrücken und oft genug stoßlüften.

Meist wird es damit aber nicht getan sein. Langfristig wird man nicht umhinkommen, den betroffenen Wänden Wärme zuzuführen und die Luftfeuchtigkeit im Raum zu reduzieren. Am einfachsten geschieht dies mittels Luftentfeuchtungsgeräten. Die weitaus effizienteren Maßnahmen sind leider sehr kostspielig. Am Fraunhofer Institut wurde eine spezielle Farbe entwickelt, die aufgrund physika- lischer und chemischer Eigenschaften die Oberflächen-Temperatur der Wände anhebt. Mit dieser sogenannten Thermo-Shield-Farbe wird dem Schimmel der Garaus gemacht. Alternativ können an der Innenseite der Wände als zusätzliche Dämmung auch Calcium-Silikat-Platten angebracht werden. "Das Produkt ist sehr teuer", erklärt Käferhaus, "viele Leute greifen daher zur Selbstbaumethode und verlegen Styroporplatten an die Wand - Wirkungsgrad gleich null." Bei nicht fachmännischer Verlegung und vor allem bei der falschen Produktwahl nisten sich die Sporen nämlich zwischen Styroporplatte und Wand ein.

Als effizienteste Methode gegen Schimmel an der Wand erweist sich die Bauteilheizung, also die Beheizung von Wänden mittels gleichmäßig verlegter und anschließend verputzter Heizungsschläuche. Zum Einsatz kommt diese Maßnahme bei Neubauten und bei Sanierungen von alter Bausubstanz; eine massive Bauweise in Ziegel oder Beton ist dafür Voraussetzung.

Wand wird erwärmt

Statt der Raumluft, wie dies bei herkömmlichen Konvektoren üblich ist, wird in diesem Fall die Wand erhitzt. Das so geschaffene Milieu ist nicht nur gänzlich uninteressant für Schimmelsporen, sondern gilt auch als behaglichste Art und Weise der Raumbeheizung.

Stellt sich die Frage: Wie wird Schimmel erkannt? Nur in den seltensten Fällen ist der Schimmel tatsächlich sichtbar. Üblicherweise bleibt der Schimmel verborgen und versteckt sich unter Farbschichten und Leimtapeten sowie unter Verkleidungen - überall dort, wo man ihm genügend organische Grundlage bietet. Meist leidet der Mensch dann schon an diversen Symptomen des sogenannten Sick Building Syndroms (SBS), zu dem Leistungsabfall, Schleimhautentzündungen und Übelkeit zählen.

Es ist ratsam, in diesem Falle eine baubiologische Messung durchführen zu lassen. Das Österreichische Institut für Baubiologie und Bauökologie (IBO) bietet unterschiedliche Messarten an (Luftmessung, Abklatschprobe und Identifizierung von Schimmelpilzkulturen), die je nach Aufwand zwischen 100 und 250 Euro pro Messung betragen. Zieht man die möglichen gesundheitlichen Konsequenzen in Betracht, dann ist dieser Betrag sinnvoll investiert. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7./8./9.12.2007)