Am 4.12.2007 wurden die ersten Ergebnisse von PISA 2006 veröffentlicht. Für viele mag es den Anschein haben, dass dabei mit viel Aufregung „Plätze vergeben werden“ und nun für drei Jahre wieder Ruhe einkehrt.

Tatsächlich ist es so, dass Planung, Durchführung und Auswertung der Studie mehr als drei Jahre in Anspruch nehmen. Die Präsentation der ersten Ergebnisse ist auch für die Projektmitarbeiter/innen ein zentrales Ereignis. Die Analysearbeit ist damit jedoch noch nicht beendet, da diese Ergebnisse nur eine erste Bestandsaufnahme sind.

Ein Rückblick auf die Ergebnisse und eine Vorausschau:

In Naturwissenschaft schneiden die 15-/16-jährigen Schüler/innen in Österreich – im Vergleich zu Lesen und Mathematik – am besten ab. Sie erreichen im Schnitt 511 Punkte und liegen damit signifikant über dem Mittel aller OECD-Länder. Im Vergleich der 30 OECD-Länder nehmen sie mit diesem Ergebnis die geteilten Rangplätze 8–15 ein.

In Naturwissenschaft gelingt es in Österreich, die Risikogruppe im Vergleich zu Lesen und Mathematik kleiner zu halten (16 %). Diese Risikoschüler/innen können beispielsweise persönliche Meinungen nicht von naturwissenschaftlichen Fakten unterscheiden. Ein Großteil der österreichischen Jugendlichen ist hingegen mit den notwendigen Grundkompetenzen im Bereich Naturwissenschaft ausgestattet.

Für das Innovationspotenzial und die Wirtschaft eines Landes sind Spitzenleistungen von besonderer Bedeutung. In Österreich erbringen nur 10 % der 15-/16-jährigen Schüler/innen hervorragende Naturwissenschaftsleistungen, in Finnland sind es beispielsweise 21 %, in Neuseeland 18 %.

Dieses Ergebnis in Naturwissenschaft ist insgesamt sehr positiv zu sehen, doch ergänzend dazu bedarf es einer Auseinandersetzung mit den Detailergebnissen:

  • In Österreich haben die Burschen den deutlich größten Vorsprung gegenüber den Mädchen im Bereich Physik. Sie erzielen im Schnitt um 45 Punkte mehr als ihre Schulkolleginnen – das entspricht dem Lernzuwachs von etwas mehr als einem Schuljahr.
  • Österreichs Jugendliche haben die niedrigste zukunftsorientierte Motivation. Das bedeutet, dass die meisten nicht vorhaben, später einmal einen naturwissenschaftlichen Beruf oder ein naturwissenschaftliches Studium zu ergreifen. Zudem zeigen sie eine sehr geringe instrumentelle Motivation. Sehr viele wissen nicht, wozu sie das, was sie in den naturwissenschaftlichen Fächern lernen, auch brauchen können.
  • Auch den persönlichen Nutzen der Naturwissenschaft schätzen die österreichischen Jugendlichen extrem niedrig ein. Diese Einstellungen sind bei den österreichischen Mädchen sogar noch deutlich geringer ausgeprägt als bei den Burschen. Wenn es um Umweltprobleme wie z. B. Luftverschmutzung geht, zeigen sich Mädchen viel besorgter als Burschen. Sie zeigen sich auch verantwortungsvoller gegenüber Ressourcen und der Umwelt, beispielsweise bei der Müllvermeidung.
  • Die Naturwissenschafts-Kompetenz der österreichischen Schüler/innen hängt zu einem beträchtlichen Ausmaß vom sozioökonomischen Hintergrund der Familie ab. Naturwissenschaftliche Basiskompetenzen werden also auch in der Familie grundgelegt.

Diese ersten Ergebnisse zeigen Bedarf an weiteren, umfassenden Analysen. In den nächsten Monaten werden wir ausführliche Leistungsprofile erstellen und Hintergrundfaktoren sowie Einstellungen in Zusammenhang mit Leistungen näher analysieren. Wie Mädchen in Physik besser gefördert werden können, wie man Jugendlichen Wissen im naturwissenschaftlichen Unterricht vermittelt, das sie jetzt und in der Zukunft brauchen können und wie die kompensatorische Leistung der Schule erhöht werden kann, kann PISA nicht unmittelbar beantworten.

Im nationalen Expertenbericht werden daher Expertinnen und Experten aus den Bereichen Bildungsforschung, Fachdidaktik, Psychologie, Soziologie und Statistik eingeladen, zu diesen und weiteren Fragen Stellung zu nehmen und die Ergebnisse mit anderen Forschungsarbeiten zu verknüpfen. Eine sachbezogene, konstruktive und interdisziplinäre Diskussion über die Ergebnisse von PISA ist wünschenswert. (Simone Breit, Ursula Schwantner/derStandard.at)