Keine zwei Wochen sind seit der Nahostkonferenz in Annapolis vergangen, schon kollidieren die Absichtserklärungen mit der Realität. Ein Wortscharmützel um einen israelischen Ausbauplan für ein umstrittenes Areal, das je nach Auslegung zu Ostjerusalem gehört oder östlich von Jerusalem liegt, hat wieder vor Augen geführt: Die Positionen Israels und der Palästinenser haben sich nicht verändert.

Die 307 zusätzlichen Wohnungen, die in Har Homa gebaut werden sollen, nennt der palästinensische Unterhändler Saeb Erekat "307 Faustschläge gegen jene, die an der Konferenz von Annapolis teilgenommen haben". Für die Palästinenser stellen die 4000 Wohneinheiten, die dort schon stehen, eine völkerrechtswidrige Siedlung dar. Aus Israels Sicht liegt Har Homa innerhalb der Stadtgrenzen von Jerusalem, wie sie 1967 gezogen wurden. "Es ist unvorstellbar, dass der Friedensprozess die Einstellung der Bautätigkeit in Jerusalem erfordern sollte", sagt Israels Wohnbauminister Seev Boim. Zum einen legt Israel den internationalen Friedensplan ("Roadmap") so aus, dass gebaut werden darf, solange bestehende Siedlungen nicht ausgeweitet werden. Zum anderen gibt es über Jerusalem grundsätzliche Differenzen.

Als Richtlinie für eine Lösung gilt der "Clinton-Vorschlag": Viertel, die von Juden bewohnt sind, bleiben israelisch. Viertel, die von Arabern bewohnt sind, werden zum künftigen Staat Palästina gehören. So gesehen wäre es nicht so wichtig, was in Har Homa passiert, weil die dortigen 200.000 Juden ohnehin blieben – was aber mit der palästinensischen Forderung nicht vereinbar ist, dass Israel sich an die Linie von 1967 zurückziehen müsse. Der Ausbau von Har Homa "trägt nicht dazu bei, Vertrauen zu bilden", hat US-Außenministerin Condoleezza Rice die Israelis jetzt sanft gerügt. Am Mittwoch sollen die in Annapolis eingeleiteten Verhandlungen offiziell beginnen. Es müsste ein Wunder geschehen, damit man sich dabei auch nur über Har Homa einigt. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 10.12.2007)