Aspen - Einen Aufschrei der Empörung haben bei vielen Alpin-Damen die Aussagen von FIS-Renndirektor Atle Skaardal nach der umstrittenen Weltcup-Abfahrt in Aspen ausgelöst. Nicht nur die ÖSV-Damen reagierten sauer, auch Anja Pärson gab sich einen Tag nach der Skandal-Abfahrt kritisch. "Hier wird mit dem Leben von Menschen gespielt", kritisierte die schwedische Weltmeisterin.

Einige Mädchen hatten am Samstag auf einen Start verzichtet bzw. waren von ihren Coaches zurückgezogen worden, obwohl Skaardal die Abfahrt als "fahrbar" bezeichnet und gemeint hatte, Stürze und Verletzungen könnten in diesem Sport auch bei Schönwetter passieren. Den Wunsch des österreichischen Damenchefs Herbert Mandl nach mehr Verantwortung für die Rennläuferinnen hatte Skaardal bei der nachfolgenden Mannschaftsführersitzung kalt abgeschmettert.

Auch Nicole Hosp hatte am Samstag am Start zurückgezogen, nachdem unmittelbar vor ihr Teamkollegin Alexandra Meissnitzer schwer gestürzt war. Meissnitzer war mit einer Gehirnerschütterung und einer schweren Knochenprellung im Schienbeinkopf relativ glimpflich davongekommen, die Französin Anne-Sophie Barthet hingegen zerstörte ihr rechtes Knie völlig. Drei von vier Bändern sind gerissen, stellte sich am Sonntag heraus.

"Ich bin noch immer ziemlich sauer, nachdem ich Atles Aussagen gelesen habe", empörte sich Hosp am Sonntag nach dem ersten Slalom-Durchgang. Sie könne nur den Kopf schütteln. "Es ist ziemlich schwach von Skaardal, dass er hinsichtlich der Sicherheit und Gesundheit so wenig Rückgrat beweist", ärgerte sich die Bichlbacherin. "Vor allem als ehemaliger Rennläufer müsste er wissen, was für ein Kapital der Körper für einen Sportler ist."

Auch Hosps Teamkollegin Kathrin Zettel gab sich erstaunt. "Niemand hat Mandl geholfen. Dass Skaardal praktisch gemeint hat, es sei ohnehin ein wunderbares Rennen gewesen, ärgert uns alle. Zwei Mädchen haben sich schwer verletzt, das steht doch nicht dafür", meinte die Niederösterreicherin.

Am deutlichsten wurde aber Anja Pärson. "Wir konnten alle nur den Kopf schütteln. Das war eines der beängstigenden Rennen überhaupt. Wie viel ist das Leben einer Rennläuferin eigentlich wert?", fragte sich die schwedische Mehrfach-Weltmeisterin und wundert sich auch darüber, dass die Abfahrt gewertet worden war.

"Es sind doch gerade mal 28 Mädchen gefahren. Offenbar haben die Veranstalter eine Menge Druck", sagte Pärson, die in der Abfahrt nur 18. geworden war und im Slalom auf der nach wie vor weichen Piste schon nach wenigen Toren ausschied. Die Rennläuferinnen würden dringend eine lautere Stimme benötigen, forderte Pärson.

Riesen-Respekt zeigte Pärson deshalb für jene Läuferinnen, die freiwillig auf einen Abfahrtsstart verzichtet hatten. "Vor allem vor Niki Hosp ziehe ich den Hut. Für sie geht es ja um den Gesamt-Weltcup, aber sie war stark genug, dennoch nicht zu starten", meinte Pärson und richtete den Verantwortlichen aus: "Im Sport sollte es nicht immer nur um das Geld gehen. Hier wird mit Menschenleben gespielt." (APA)