Bild nicht mehr verfügbar.

Datenschützer und Oppositionspolitiker befürchten, dass die Zahl der Handyortungen massiv ansteigen wird.

Foto: Reuters
Grafik: Standard
Die Kritik an der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes reißt nicht ab: Oppositionspolitiker und Datenschützer schäumen, weil die Polizei künftig leichter Handys orten und Gespräche mithören kann. Die Grünen kündigen eine "Kampagne" gegen die Gesetzesänderung an.

* * *

Wien - Peter Pilz hat schnell einmal einen drastischen Vergleich bei der Hand. Dass der Grünen-Sicherheitssprecher Innenminister Günther Platter (VP) als "durchgeknallten Rambo" bezeichnet, ist aber selbst für seine Verhältnisse ein ziemlich starkes Stück. "Wenn Platter eine Österreichische Demokratische Republik will, dann soll er das sagen", setzt der Grüne noch eins drauf. "Ich habe mir lange überlegt, ob ich den DDR-Begriff in den Mund nehmen soll und bin zum Schluss gekommen: Es ist hier absolut notwendig", sagt Pilz zum Standard. Grund für den Zorn des Oppostionspolitikers: Kurz vor der Weihnachtspause hat die rot-schwarze Koalition noch schnell eine Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes durchgepeitscht, die es der Exekutive erlaubt, bei "Gefahr in Verzug" künftig ohne richterlichen Beschluss Handyortungen vorzunehmen und von Internet-Providern Daten einer Person mit einer bestimmten Internetprotokoll-Adresse (IP) zu verlangen.

Nicht nur Pilz kritisiert das neue Gesetz: Datenschützer Hans Zeger befürchtet eine Aushebelung des Rechtsstaates. Handy-überwacht wird in Österreich schon lange: Die "Sondereinheit Observation" ist seit einigen Jahren mit sogenannten IMSI-Catchern ausgestattet, mit denen sie auf richterliche Anweisung Ortungen vornehmen und Telefongespräche abhören kann.

Polizei hört mit

Grünen-Parlamentarier Pilz fürchtet, dass wegen der "Ausschaltung der richterlichen Kontrolle" die Polizei künftig öfter mithört. Außerdem kritisiert er das Tempo, in der die Novelle beschlossen wurde: "Es gab weder im Innenausschuss noch im Parlament eine Diskussion." Pilz fordert deshalb auch den Rücktritt von SPÖ-Sicherheitssprecher Rudolf Parnigoni als Vorsitzender des Innenausschusses. "Parnigoni ist in dieser Position nicht mehr tragbar." Der Grüne will nun eine "großangelegte Kampagne" gegen das Gesetz starten. Offiziell darf die Exekutive ab Jänner 2008 bei Gefahr in Verzug lediglich orten und keine Gesprächsinhalte aufzeichnen. Technisch ist die Abhörung aber möglich. "Die Gefahr des Missbrauchs ist groß", sagt Pilz.

"Man kann der Polizei nicht einfach unterstellen, gesetzwidrig zu handeln. Dann müsste man ja auch sagen: Polizisten dürfen keine Waffen tragen, weil sie könnten damit Unschuldige verletzen", sagt hingegen Rudolf Gollia, Sprecher des Innenministeriums. Der Zugang zu IP-Adressen sei wichtig, um Kinderporno-Ringe zu zerschlagen und potenzielle Terroristen aufzuspüren. Unterstützung erhält Pilz bei seinem Kampf gegen das neue Gesetz von ungewöhnlicher Seite: Heinz-Christian Strache (FPÖ) spricht von einer "gefährlichen Entwicklung gegen den Parlamentarismus". (Martina Stemmer, DER STANDARD, Printausgabe 10.12.2007)