Kopenhagen/Madrid/Den Haag - Die Unabhängigkeitsbestrebungen der serbischen Provinz Kosovo und die Bemühungen der EU, nach dem Scheitern der Statusverhandlungen eine neue Eskalation auf dem Balkan zu verhindern, stehen am Dienstag weiterhin im Mittelpunkt internationaler Pressekommentare:

"Politiken" (Kopenhagen):

"Glücklicherweise halten fast alle EU-Länder und die USA fest daran, dass sie Anfang kommenden Jahres das Kosovo als unabhängiges Land anerkennen wollen. Unabhängigkeit löst nicht alle Probleme hier. Aber sie ist die Voraussetzung dafür, dass die Bürger langsam einem normalen Dasein näher kommen. (...) Die internationale Gemeinschaft hat das Kosovo seit 1999 wie eine Art Kolonie gehalten und damit den Serben und ihren opportunistischen Freunden in Moskau die Illusion einer Alternative zur Unabhängigkeit eingeflößt. (...)

Das lange Zögern hat leider die Gefahr verstärkt, dass Serbien im schlimmsten Fall Gewalt und Unruhe schürt sowie sich mit großer Wahrscheinlichkeit in die eigenen nationalistischen Illusionen verbeißt. Je mehr Länder das Kosovo sofort anerkennen, umso größer wird die Chance für eine Bewahrung der zerbrechlichen Ruhe in diesem Teil des Balkans."

"ABC" (Madrid):

"Die Unabhängigkeit des Kosovos scheint kaum noch abzuwenden zu sein. Dies ist die Folge eines katastrophalen Versagens der Europäer auf dem Balkan. Die internationale Gemeinschaft beging einen Fehler nach dem anderen, sie hetzte den Ereignissen immer hinterher und befindet sich nun in einer Lage, die schlimmer kaum sein könnte.

Viele Staaten, die damals der NATO Truppen für den Krieg in Jugoslawien bereitstellten, hätten sich anders entschieden, wenn sie gewusst hätten, dass sie damit die völkerrechtswidrige Unabhängigkeit eines Territoriums förderten. Ein unabhängiges Kosovo wird keineswegs ein Hort der Stabilität sein. Jeder weiß, dass von dort aus Mafias in ganz Europa operieren."

"de Volkskrant" (Den Haag):

"Der Schlüssel für eine 'sanfte Landung' im Kosovo liegt vielleicht mehr in den Händen Russlands als Serbiens. Die Frage ist, wie weit die Solidarität Russlands mit dem serbischen 'Brudervolk' geht und welchen Preis Moskau - das selbst mit abtrünnigen Bewegungen zu tun hat - verlangen wird, wenn es die Unabhängigkeit des Kosovos akzeptiert.

Die Unabhängigkeit des Kosovos ist das unvermeidliche Ergebnis der Auflösung Jugoslawiens. Aber wie sehnsüchtig die Bevölkerung nach Jahren serbischer Unterdrückung - und acht Jahren internationaler Verwaltung - sie auch erwartet, sie gibt kaum Anlass zur Freude. Der Gedanke, dass alle Probleme der bettelarmen Provinz von selbst gelöst werden, wenn das Kosovo einmal auf eigenen Beinen steht, kann durchaus auf eine schwere Enttäuschung hinauslaufen. Vorerst hat die Bevölkerung größeren Nutzen von einer Bekämpfung der allgegenwärtigen Korruption. Das Kosovo wird auch nach seiner Unabhängigkeit alle Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft erfordern."(APA/dpa)