Brüssel - Der türkische Vize-Regierungschef Cemil Cicek hat am Montag betont, nicht alle Hoffnungen der Türkei und die Entwicklung des Landes hingen von der EU ab. Die Türkei solle sich aber weiter um einen Beitritt bemühen. "Wir werden der EU nicht wegen einer Erklärung den Rücken kehren."

Cicek reagierte darauf, dass die EU-Staaten auf Drängen Frankreichs die Aussicht der Türkei auf eine Aufnahme in die Europäische Union ins Ungewisse gerückt haben. In einer Stellungnahme zur Erweiterung der Gemeinschaft erwähnten die EU-Außenminister am Montag im Zusammenhang mit der Türkei nicht die Begriffe Beitritt und Mitgliedschaft.

Zwei Kapitel eröffnet

EU-Diplomaten zufolge wollten die Franzosen damit erreichen, dass Präsident Nicolas Sarkozy nicht unglaubwürdig wird, wenn demnächst zwei weitere Kapitel in den Verhandlungen mit der Türkei eröffnet werden. Sarkozy hatte im Wahlkampf versprochen, einen Beitritt des Landes verhindern zu wollen. Die Türkei reagierte zurückhaltend auf den Rückschlag aus Brüssel.

Die Zurückhaltung der EU brachten die Minister auch zum Ausdruck, indem sie nicht mehr wie bisher von "Beitrittskonferenz", sondern von einer "Konferenz zwischen den Regierungen" sprachen. Mit Blick auf Kroatien hieß es dagegen, die EU-Mitgliedschaft sei in greifbarer Nähe.

Verpflichtungen einhalten

Entgegen der Position Frankreichs traten Großbritannien und Schweden dafür ein, die Verpflichtungen gegenüber der Türkei einzuhalten. Die deutsche Regierung ist ebenfalls dafür, den Beitrittsprozess ergebnisoffen fortzusetzen. Die Koalitionsparteien sind über das Thema aber gespalten: Die SPD ist für eine Aufnahme der Türkei in die EU, die CDU will nur eine "privilegierte Partnerschaft".

Der britische Außenminister David Miliband sagte anschließend, nichts sei fallengelassen worden und die Erklärung sende ein positives Signal an die Türkei. EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn bemühte sich um eine positive Einschätzung und sagte, der Beitrittsprozess werde fortgesetzt.

Gespräche auf Sparflamme

Die EU hatte die Verhandlungen mit der Türkei vor zwei Jahren begonnen. Seit einem Jahr laufen sie aber nur auf Sparflamme. In acht Kernbereichen wurden die Gespräche ausgesetzt, weil die Regierung in Ankara das EU-Mitglied Zypern wegen des ungelösten Konflikts über die Spaltung der Insel nicht anerkennt. Von den insgesamt 35 Verhandlungskapiteln ist erst eines abgeschlossen, zu fünf Themen laufen derzeit Gespräche. Auf einer Konferenz am 18./19. Dezember sollen zwei weitere Themenfelder eröffnet werden. (APA/Reuters)