Bild nicht mehr verfügbar.

Grafik: Archiv
Wien - Innenminister Günther Platter sieht in der Internetüberwachung und der Handyortung im Sicherheitspolizeigesetz einen "Mehrwert" für die Sicherheit. Die Kritik des grünen Abgeordneten Peter Pilz, der ihn als "durchgeknallten Rambo" bezeichnet hatte, lässt Platter kalt. Das sei eine "künstliche Aufregung" und mit den Aussagen von Pilz "möchte ich mich nicht auseinandersetzen. Auf dem Niveau diskutiere ich nicht", so der Minister in der Fernsehsendung "Report" des ORF Dienstag abend.

Die Handyortung sei auch notwendig, um vor allem bei Bergkatastrophen Menschen retten zu können. Und die Online-Durchsuchung sei die Möglichkeit, eine Chancengleichheit gegenüber den Verbrechern zu haben.

Weitere Kritik

Nicht verstummen will die Kritik an den Änderungen im vor wenigen Tagen beschlossenen neuen Sicherheitspolizeigesetz. Ganz im Gegenteil: Vor allem die Art, wie der finale Gesetzesentwurf zustande gekommen ist, präsentiert sich in immer zweifelhafterem Licht.

Nichts gewusst

So hat der Vorsitzende des Datenschutzrates, Harald Wögerbauer, nun gegenüber der ORF Futurezone eingestanden, dass selbst die eigene Instanz nicht vorab von der endgültigen Fassung des Gesetzes informiert war. Darin in letzter Sekunde einfügt: Der gesamte Bereich der IP-Adressen-Ausforschung ohne richterliche Kontrolle.

Änderung

"Die IP-Adressen waren nicht in der Begutachtung. Sie wurden dem Datenschutzrat nicht vorgelegt, und daher haben sie ihn auch nicht passiert", so der ÖVP-Abgeordnete im Wortlaut. Für die Änderungen verantwortlich zeichnen die Sicherheitssprecher der Koalitionsparteien, Gunter Kößl (ÖVP) und Rudolf Parnigoni (SPÖ), in der beschlossenen Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes heißt es also nun:

"Die Sicherheitsbehörden sind berechtigt, von Betreibern öffentlicher Telekommunikationsdienste (...) und sonstigen Diensteanbietern (§3 Z2 E-Commerce-Gesetz ECG, BGBl. I Nr. 152/20) Auskunft zu verlangen über

1. Namen, Anschrift und Teilnehmernummer eines bestimmten Anschlusses;

2. Internet-Protokoll-Adresse (IP-­Adresse) zu einer bestimmten Nachricht und den Zeitpunkt ihrer Übermittlung sowie

3. Namen und Anschrift eines Benutzers, dem eine IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt zugewiesen war.

Das gelte, "wenn bestimmte Tatsachen die Annahme einer konkreten Gefahrensituation rechtfertigen"."

Hintergrund

Der Datenschutzrat, der zum allergrößten Teil mit Mitgliedern der Regierungsparteien besetzt ist, ist eigentlich als beratende Instanz für die Bundes- und Landesregierungen in rechtspolitischen Fragen des Datenschutzes vorgesehen. Zu seiner Funktion heißt es im Datenschutzgesetz unter anderem, dass "dem Datenschutzrat Gelegenheit zur Stellungnahme zu Gesetzesentwürfen der Bundesministerien zu geben (ist), soweit diese datenschutzrechtlich von Bedeutung sind".

Ortung

Anders die Situation in Fragen der Handyortung, eine Verschärfung, die der Datenschutzrat aktiv unterstützt. Immerhin gehe es dabei um Fragen der "Gefahrenabwehr" und nicht um strafrechtliche Ermittlungen, eine Akut-Situation, die mit richterlicher Genehmigung "nicht gehe" und bisher gar nicht geregelt gewesen sei, so Wögerbauer.

Ohne RichterInnen

Entsprechend wird für die Standortbestimmung in solchen Situationen künftig weder zuvor noch anschließend die Zustimmung von unabhängigen RichterInnen vonnöten sein. Allerdings werde im Nachhinein der Rechtsschutzbeauftragte über solch einen Vorfall in Kenntnis gesetzt. Dieser ist ein Beamter im Innenministerium.

Catcher

Ebenfalls uninformiert zeigt sich Wögerbauer in Fragen "IMSI-Catcher", mit diesem "habe er sich nicht auseinandergesetzt", zitiert die Futurezone den Vorsitzenden des Datenschutzrates. Auch sei von diesem in der dem Datenschutzrat vorgelegten Gesetzesvorlage ebenfalls noch keine Rede gewesen. Die Möglichkeit des Einsatzes eines solchen Gerätes wurde begleitenden zum neuen Sicherheitspolizeigesetz beschlossen, ein Umstand, der bei ExpertInnen für einige Verblüffung gesorgt hatte.

Abhören

Immerhin dient ein IMSI-Catcher nicht zur Ortspeilung sondern zur Umleitung einer gesamten Mobilfunkzelle, um alle gerade darin aktiven Mobiltelefone abhören zu können. Ein Vorgang der aber "jedenfalls nicht erlaubt" ist, wie Wögerbauer betont. Bei der Klärung der Frage, warum dieser dann angeschafft werden soll, kann der Vorsitzende des Datenschutzrates also auch nicht weiterhelfen.(apo)