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Vor der Londonder O2 Arena.

Foto: REUTERS/Toby Melville
Einmalig und für einen guten Zweck. Zumindest Ersteres darf stark bezweifelt werden.
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Wien – "I had a dream that we were rock stars / And that flash bulbs popped the air / And girls fainted, every time we shook our hair/ We were songbirds, we were Greek Gods/ We were singled out by fate/ We were quoted out of context – it was great. Grander than Castles, Cathedrals or stars: Electric Guitars!"

Die britischen Pop-Intellektuellen Prefab Sprout unternahmen 1997 mit ihrem Song Electric Guitars eine zynische Bestandsaufnahme des 30 Jahre zuvor in Sportstadien erfundenen, nur einige Jahre später von der Punkwelle höhnisch angespuckten, auf alten Blues-riffs beruhenden, erheblich dekadenten Dinosaurier-Rock. Der zeichnete sich in der Musik und im Gehabe der nachgerade prototypischen britischen Band Led Zeppelin deutlicher ab, als es damalige Zeitgenossen wie die Stones, The Who oder Konsorten jemals zuwege bringen konnten.

Auf Doppelhalsgitarren dargebrachte, mit endlos langen, weit jenseits der berühmten Dreiminutengrenze angesiedelte, nicht nur aus heutiger Sicht (in alter Bluestradition stehende) ziemlich sexistische und selbstverliebte Rumpler wie Dazed And Confused, Whole Lotta Love, Rock And Roll oder Kashmir, sie alle zeugten bis zum wegen dem Drogentod von Schlagzeuger John Bonham bedingten Ende von Led Zeppelin im Jahr 1980 von einem zentralen Ansatz:

Hier wurde eine einst rohe, unmittelbare Ausdrucksform sehr, sehr weit von ihren Ursprüngen entfernt mit mehr dem Ego wie dem Song dienenden Arabesken auf eine Verträglichkeit hin zu einem weißen Mittelstandspublikum gestreckt, dass langsam machende, von Freizeitchemie bestimmte Improvisationen dem rohen, bedrohlichen und auf den Punkt gespielten Originalen vorzog. Privatjets und Champagner aus Stöckelschuhen für ihre Helden waren die Folge.

Es muss noch mehr Polemik sein, damit auch jeder merkt, um was es hier geht: Im Gefolge einer verzweifelt im Sterben liegenden Plattenindustrie werden heute gerade solche von der letzten kaufkräftigen wie kaufwilligen Musik-Käuferschicht, jener der Generation 40 plus, nostalgisch verklärte Dinosaurier auch am Ladentisch bevorzugt. Das hilft, in Akkordierung mit der dafür "synergetisch" reichlich anfälligen angloamerikanischen Musikpresse, das alte Werkel noch einige Jahre länger am Leben zu halten. Aktuelle Tonträger in den Geschäften: Eine restaurierte Fassung des Band-Tiefpunkts The Song Remains The Same aus dem Jahr 1976, sowie eine weitere, sensationslose Greatest-Hits-CD namens Mothership.

Die längst rentenreifen wie sonst in rührig-bluesigen musikalischen Altersprojekten beschäftigten Multimillionäre Led Zeppelin in Originalbesetzung, mit Sohn Jason Bonham statt dem verstorbenen Vater John am Schlagzeug – sie verlosten rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft für ein am Montag live und "einmalig" in der Londoner O2-Arena für einen guten Zweck absolviertes Konzert 27 Jahre nach ihrer Trennung im Internet 20.000 Karten unter 20 Millionen Bewerbern. Für jeweils 175 Euro.

Die Freude darüber war weltweit ebenso groß, wie es eventuelle Umwegrentabiltäten eventuell noch sein könnten. Das jetzt im Internet begeistert rezipierte Konzert inklusive der wichtigsten alten Hits ( Kashmir, Whole Lotta Love, Trampled UnderFoot... ) war nämlich möglicherweise gar nicht so exklusiv wie vermeldet. Ian Astbury, Sänger der britischen Led-Zeppelin-Jünger The Cult, konnte in einem aktuellen Interview nicht mit der Ankündigung hintanhalten, dass er 2008 im Vorprogramm einer Band auf Welttournee sein werde, die mit dem Buchstaben L beginne und ein Z in ihrem Namen trage. Ob dies für einen guten Zweck geschehen wird, darf aktuell zumindest ein klein wenig bezweifelt werden. (Christian Schachinger, DER STANDARD/Printausgabe, 11.12.2007)