Linz - "An meiner Uni gibt es keine Rahmenbedingungen für gehörlose Studierende", erklärt Siegfried Bachmayer, der als einziger Gehörloser an der Linzer Kepler-Uni inskribiert ist. "Es war mir vor dem Studium bewusst, dass mich an der Universität Hürden erwarten." Dennoch studiert er nun bereits im vierten Semester Soziologie, denn er will zeigen, dass es "Möglichkeiten gibt, alltägliche Hürden mit Authentizität, Freundlichkeit und Wille anzusprechen und sie zu lösen". Er ist überzeugt: "Hürden schaffen auch neue Perspektiven."

Was seinen Studienalltag von dem seiner Kollegen unterscheide, sei, dass er Einzelgänger ist. "Die meisten wissen leider nicht, wie man mit Gehörlosen kommuniziert, als wären sie Außerirdische."

Um dem Unterricht folgen zu können, sind zwei Gebärdensprachendolmetscher erforderlich. Da Universitätsdolmetschen sehr anspruchsvoll ist, sei "fehlerfreies Übersetzen nicht länger als 20 Minuten möglich", berichtet Bachmayers Dolmetscherin.

"Katz-und-Maus-Spiel"

Sein derzeitiges Hauptproblem ist die Finanzierung der Dolmetscher zu organisieren. Denn wer zuständig ist, ist völlig unklar. Da er in New York Film studiert hat, kann er Vergleiche ziehen: Gänzlich ohne bürokratischen Aufwand stellt dort die Uni 14 Dolmetscher zur Verfügung. "Hier muss ich mit viel Mühe und Kraft bei diversen Behörden betteln, um die Kosten für die zwei Gebärdensprachdolmetscher abdecken zu können", beklagt Bachmayer. "Es ist ein Katz-und-Maus-Spiel."

Derzeit besucht er fünf Kurse - die Dolmetschkosten pro Semester belaufen sich dadurch auf 10.816 Euro. "Ich würde gerne sieben Kurse besuchen, doch das ist finanziell nicht möglich." Bisher leistete das Bundessozialamt Oberösterreich Ausbildungsbeihilfe, die ein Drittel der Semesterkosten abdeckten. Den Rest deckte bisher das Land ab, "obwohl es eigentlich nicht dafür zuständig ist", wie Thomas Gegenhuber, Vorsitzender der ÖH Linz betont. Dieses Semester ist das Land nicht mehr bereit einzuspringen, man erkundigte sich beim Bundesministerium, mit dem Ergebnis: Laut Behindertengleichstellungsgesetz seien die Unis als öffentliche Dienstleister dafür zuständig, beeinträchtigten Studierenden den gleichberechtigten Zugang zum Studium zu ermöglichen.

"Doch das Problem ist, dass die Uni dafür nicht mehr Geld bekommt", kritisiert Gegenhuber. Die Verantwortung läge seiner Meinung nach beim Wissenschaftsminister, dieser wiederum spielt den Ball zurück an das Land (siehe Interview oben). "Irgendjemand muss sich jetzt einmal für zuständig erklären", empört sich Gegenhuber. Derzeit wartet Bachmayer auf die Rückmeldung zu seinem Antrag auf außergewöhnliche Studienförderung vom Wissenschaftsministerium. "Dieser Bescheid entscheidet, ob ich als gehörloser Student in Linz in voller Barrierefreiheit mit Dolmetscherinnen studieren kann oder nicht." Derzeit ist ihm das Studium nur durch die finanzielle Unterstützung seiner Freundin möglich, "ohne sie hätte ich längst abgebrochen". (trat/DER STANDARD Printausgabe, 11. Dezember 2007)