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Ein Patient an der größten Privatklinik von Schanghai für TCM: Schröpfen ist eine Behandlung, die dem Patienten die Hitze entziehen soll.

Foto: Reuters
Graz - "Seit meinem Aufenthalt in China bin ich überzeugter Akupunktur-Anhänger", schmunzelt die Medizinstudentin Xhylsime Kqiku, die vorerst ungläubig war, was die Wirkung von TCM (Traditionelle Chinesische Medizin) betrifft. Sie absolvierte ihre einmonatige Famulatur im Oktober 2007 am Wenzhou Medical College und war begeistert von dieser für sie neuen Methode, die sie selbst ausprobieren durfte: "Man sieht dann auch, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen dem, was in westlichen Lehrbüchern steht, und dem, was die chinesischen Ärzte in der Praxis für Punkte empfehlen", berichtet die 27-Jährige von ihren Erfahrungen mit TCM.

Durch ihren zweiwöchigen Aufenthalt auf der TCM-Station konnte sie die Verbesserungen der Patienten durch Akupunktur deutlich erkennen. Auch sie selbst habe sich einmal wegen Atembeschwerden behandeln lassen: "Ich habe das 'Chi' gespürt, das fühlt sich an, als ob Strom durch den Körper fließt, und es hilft", begeistert sich die Medizinstudentin, die zuvor nicht einmal eine Vorlesung zu dem Thema besucht hatte.

Am Vormittag waren sie und ihre Kollegen immer im Krankenhaus auf Visite, am Nachmittag bei Vorlesungen. Sprachlich gab es kein Problem, da Englisch gesprochen wurde, außerdem besuchte Kqiku zuvor einen chinesischen Grundkurs an der Medizin-Uni Graz. Das war ein großer Vorteil, weil sie immer die gleichen Patienten zu Gesicht bekam und durch ihre Grundkenntnisse in Chinesisch ein Verhältnis mit diesen aufbauen konnte.

"Wenn manche Chinesen ein westliches Gesicht sehen, und es geht um eine TCM-Behandlung, sind sie kritisch. Wechselt man ein paar chinesische Wörter, hilft das gegen die Hemmschwelle", meint die Koordinatorin des China-Austauschprogramms, Christina Schönbacher. An den österreichischen Medizin-Unis gib es ein derart gefördertes Austauschprojekt nur in Graz.

Karaoke und Tee

Berührungsängste zwischen Studenten und Oberärzten gibt es in Wenzhou keine, sogar die Abende wurden mit gemeinsamem Teetrinken und Karaoke-Singen verbracht. Das wäre in Österreich nie möglich: "Man stelle sich vor, ein Oberarzt geht mit einem chinesischen Studenten Mozartkugeln einkaufen", führt Kqiku weiter aus.

Pro Jahr gibt es 13 Famulaturplätze für Grazer Medizinstudenten, die mit jeweils 800 Euro, kostenloser Unterkunft und Essen gefördert werden. Studiengebühren zahlt man nur für Österreich, und der Auslandsaufenthalt kann angerechnet werden.

Den einzigen Platz für Grazer Zahnmedizinstudenten in diesem Jahr ergatterte Elisabeth Bantleon. Auch wenn sie die Famulatur für ihr Studium nicht braucht, wollte sie Erfahrungen im Reich der Mitte sammeln. "Ich bin dann noch zehn Wochen lang durchs Land gereist." Aber auch fachlich konnte sie sich etwas abschauen, wenn auch eher durch Zusehen.

Seit ihrem einwöchigen Aufenthalt auf der TCM-Station kann sie sich vorstellen, dass sich Akupunktur zur Schmerzbehandlung in der österreichischen Zahnmedizin durchsetzt. "Die Chinesen sind uns in den Behandlungsweisen und in der praktischen Ausbildung der Studierenden voraus", meint Bantleon. (Nora Edelsbacher/DER STANDARD Printausgabe, 11. Dezember 2007)