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Kosovos Präsident Sejdiu, hier bei den Gesprächen in Baden Ende November, ist überzeugt, dass es in Sachen Unabhängigkeit keine Verzögerungen mehr geben wird.

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Provokationen im Unabhängigkeitsprozess des Kosovo will Präsident Fatmir Sejdiu nicht ausschließen. Die Zeit der Kriege sei aber endgültig vorbei, sagte er zu Adelheid Wölfl.

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STANDARD: Ich muss Ihnen diese langweilige Frage stellen: Wann wird die Unabhängigkeit erklärt?

Sejdiu: (lacht) Wir erwarten, dass der Prozess, nachdem der UN-Generalsekretär seinen Bericht gemacht hat, sehr schnell vorangehen wird. Am 19. Dezember wird der Sicherheitsrat beraten. Gleichzeitig haben wir immer wieder betont, dass wir in Zusammenarbeit mit unseren Partnern – den USA und der EU – die Unabhängigkeitserklärung sehr bald machen werden, weil jede weitere Verzögerung des Prozesses sehr schlechte Konsequenzen hat. Aber wir haben von den USA und der EU gehört, dass es keine weiteren Verzögerungen geben wird. Ich kann kein Datum für die Unabhängigkeitserklärung nennen, aber es ist sehr nahe.

STANDARD: Manche sprechen von einer Anerkennung nach dem Nato-Gipfel im April in Bukarest. Ist es dann zu spät?

Sejdiu: Wir denken absolut, dass es früher sein wird.

STANDARD: Ist der Februar Ihre Deadline für die Unabhängigkeit?

Sejdiu: Ich kann kein Datum sagen. Und ich kann nicht sagen: Warum nicht früher? Wichtig ist jetzt die Kooperation mit den Partnern.

STANDARD: Gibt es eine weitere Kooperation mit Serbien in Sicherheitsfragen, als Resultat der Verhandlungen?

Sejdiu: Es sind vor allem die westlichen und europäischen Länder, die in dieser Frage mit Serbien umgehen. Wir wollen Eigenverantwortung übernehmen, um auf die Region Stabilität auszustrahlen. Doch obwohl es solche Auswirkungen manchmal gab, sollten die Entwicklungen im Kosovo niemals mit den Entwicklungen in Serbien verbunden werden oder diese in die kosovarischen Angelegenheiten einwirken. Wir haben vorgeschlagen, dass Serbien so schnell wie möglich einen Weg in die euroatlantische Integration bekommt. Aber, wenn Serbien andere Interessen hat, als so schnell wie möglich der EU entgegenzugehen, dann ist das deren Angelegenheit.

STANDARD: Würden Sie von einer Intervention Serbiens sprechen, wenn die Serben im Nordkosovo die Unabhängigkeit des Kosovo nicht anerkennen würden?

Sejdiu: Zu den Prinzipien der Kontaktgruppe gehört die territoriale Integrität. Ich sage nicht, dass wir nicht weiter Schwierigkeiten haben werden, wenn es um die volle Integration der Bürger geht, die im Norden leben. Weil einige von diesen Leuten fortwährend von der Belgrader Politik instrumentalisiert oder als Geisel genommen werden. Wir haben gesagt, dass wir weiterhin ein Faktor für Frieden und Stabilität sein werden. Auf der anderen Seite wurde dasselbe Versprechen von den serbischen Vertretern bei dem letzten Treffen, das wir hatten, gegeben. Aber leider zeigen die jüngsten Entwicklungen in Serbien, dass sie das Versprechen nicht einhalten. Gestern haben wir zum Beispiel die Nachricht bekommen, dass die serbische Regierung ein Büro im Norden des Kosovo eröffnet hat. Wir weisen die Aktion scharf zurück. Dasselbe Statement wird sehr bald von der internationalen Gemeinschaft gemacht werden. Wir werden niemals einen Anlass dazu geben, weitere Konflikte zu eröffnen, weil wir berücksichtigen, dass die Zeit der Kriege für immer zu Ende ist. Wir können niemals die tragischen Ereignisse vergessen, die unsere Leute erleben mussten. Andererseits, wenn Serbien in eine neue Konfrontation hinein will und sogar die Nato konfrontieren will, dann ist das seine Wahl.

STANDARD: Kann so eine Konfrontation gefährlich werden? Ist die Kfor in der Lage, für Sicherheit zu sorgen?

Sejdiu: Das sind mehr oder weniger Einschüchterungsversuche gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Die normalen Bürger im Kosovo wollen keine neuen Konfrontationen mit den Serben und die normalen serbischen Bürger im Kosovo haben auch nicht diesen Konfrontationskurs. Aber, wenn solche Formationen wie die „Heilige Garde des Zaren Lazar“ in den Kosovo eindringen wollen und Spannungen erzeugen, werden die Nato und die Kfor die entsprechende Antwort liefern und ich denke, dass sie sehr gut darauf vorbereitet sind. Ich sage nicht, dass es keine Provokationen geben wird. (DER STANDARD, Printausgabe, 12.12.2007)