Wien – Der Streit um die 24-Stunden-Pflege sorgt weiter für Verstimmung innerhalb der Koalition. Nach dem Ministerrat wollten Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) und Vizekanzler Wilhelm Molterer (ÖVP) am Mittwoch nicht gemeinsam vor die Presse treten.

Molterer deponierte beim Verlassen des Kanzleramtes allerdings neuerlich sein Unverständnis darüber, dass die SPÖ eine Verlängerung der Amnestie – also der Straffreiheit von illegaler Pflege – ablehnt. „Ich verstehe die sture Haltung der SPÖ nicht“, sagte Molterer. Freilich haben ohnehin bereits sieben von neun Bundesländern angekündigt, in der Praxis keine Geldstrafen, sondern nur Ermahnungen auszusprechen, wenn jemand auch nach dem 1. Jänner Pfleger illegal beschäftigt. Molterer geht das aber nicht weit genug: Der einzig richtige Weg wäre die Amnestieregelung gewesen, sagte er.

Einheitliche Förderung

Dass nach Niederösterreich nun auch Vorarlberg höhere Förderungen für legale Pfleger gewährt, begrüßte ÖVP-Chef Molterer ausdrücklich. Er verwies aber neuerlich darauf, dass dem Bund dadurch keine Mehrkosten entstehen würden, weil die finanzielle Aufteilung für die Pflegekosten zwischen Bund und Ländern im Finanzausgleich geregelt worden sei.

Die SPÖ hatte zuletzt gemeint, wenn die ÖVP höhere Förderungen wolle, solle der Bund für die Mehrkosten aufkommen. Das Kanzleramt hatte deshalb einen Kassasturz von Finanzminister Molterer gefordert. Dieser lehnt das Bereitstellen von mehr Geld aber ab, da damit das Aufschnüren des gesamten Finanzausgleiches verbunden wäre.

Vom Kanzler selbst gab es nach der Regierungssitzung keinen Kommentar. Statt ihm trat SPÖ-Regierungskoordinator Werner Faymann vor die Journalisten. Er rechne damit, dass es bei der Förderhöhe doch noch zu einer einheitlichen Linie aller Bundesländer komme, sagte der Minister. Zusatz: „So weit sind wir aber noch nicht.“

Und von Einheitlichkeit kann tatsächlich noch keine Rede sein. In Niederösterreich hat die Landes-SPÖ am Mittwoch ein eigenes Pflegepaket vorgestellt, das über die 24-Stunden-Pflege hinausgehen und 50 Millionen Euro kosten würde. Die mit absoluter Mehrheit regierende Landes-ÖVP macht gleichzeitig weiter Druck gegen das Auslaufen der Amnestie. Heute, Donnerstag, wird im Landtag ein Antrag beschlossen, in dem von der Bundesregierung die Verlängerung der Amnestie gefordert wird.

Die Diakonie warnt nun vor einem „Wettbieten der Länder“. Notwendig seien bundesweit einheitliche Standards – nicht nur bei der 24-Stunden-Pflege. (Günther Oswald/DER STANDARD, Printausgabe, 13.12.2007)