Die Düne wandert - Und wächst bei konstanter Erderwärmung vielleicht über sich hinaus, um den Süden Gran Canarias unter sich zu begraben
Una Wiener
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In Gran Canaria ist die Wirklichkeit aus Palmen und Beton nachempfunden - hier ist "Second Life" live!
Das Gute zuerst: Die Düne wandert. Und wächst bei konstanter Erderwärmung vielleicht über sich hinaus, um den Süden Gran Canarias unter sich zu begraben. Schon jetzt wurlt bei Ostwind (also fast immer) ein zwei Meter hoher Sandsturm über die Schattenboxer, Jogger, Skistockgeher, Sandstapfer, die das Maspalomas'sche Gestade bewimmeln. Hier ist ganzjährig Rentnerschwemme. Der gar nicht so billige Brite, Österreicher, Deutsche und Skandinavier fliegt an, um sein welkes Fleisch in meeresnahen Zementgehegen am Pool zu drapieren. Jugend, wo bleibst du? In Gran Canaria ist die Wirklichkeit aus Palmen und Beton nachempfunden - hier ist "Second Life" live! Hier kaufen ("Arte China", Eduscho, "Fund Grube"), konsumieren ("Buda Bar", Hard Rock Café, Cerveceria Bierhaus) und golfen unirdische Gestalten in Fantasie-Deshabillés und "relaxen" auf den lückenlos mit Telefonmuscheln und Personenwaagen (Hallo, drittes Jahrtausend!) bestückten "Paseos". Bei nur drei Bettlern auf zehn Kilometern!
Die Schotterteppiche zwischen den Einkaufsghettos, Hotels und Plastiksackerlgstätten sind fusselfrei geharkt, mit entsalztem Wasser um 0,90 Euro/m3 bewässert und mit dreierlei Vegetation beklebt: leptosome und pyknische Palmen, Puschelbäume und Jour-Gewächs, also Modelleisenbahn-Buschzeug in Kugel-, Kegel- oder Kaktusform. Dazwischen wurlt ein Tonbandsalat an Radwegen (danke, EU!) um Kreisverkehrkreisel. In der Ferne dösen gesprenkelte Knetberge, an denen sich Wolken schoppen, es schimmern schmutzigweiße Plastikplanensteppen; Las Vegas-Villen und Würfelsiedlungen für die Einheimischen poppen wie Luftspiegelungen aus dem braunen Schorf.
Schönes auch zum Schluss: Dem sanften Touristen hat man ein archäologisches Kleinod (sieben Meter Ureinwohnermauerstumpf) eingezäunt sowie ein stadtparkgroßes "Naturschutzgebiet", in dem die wahrscheinlich 112 noch existierenden endemischen Vögel nachts heile Düne spielen dürfen. (Una Wiener/Der Standard/rondo/14/12/2007)
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