Die Europäische Union ist sehr mangelhaft und hat viele Fehler. Und dennoch gibt es keinen Staat und keine Staatengemeinschaft, die so viel für den Frieden, die Freiheit und die Bewahrung der Umwelt beiträgt wie die EU.

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Der Ursprung und das Ziel der EU liegt in der Überwindung von Krieg und zwischenstaatlicher Gewalt. Auch in der heutigen Zeit gilt es aktive Friedenspolitik zu betreiben. Dies vor allem in unserer unmittelbaren Nachbarschaft. Dafür brauchen wir eine gemeinsame europäische Außenpolitik und eine/n gemeinsame/n AußenministerIn. Genau darauf zielt der EU-Reformvertrag ab. Die europäische Sicherheitspolitik wird durch das Vertragswerk gestärkt, ohne dass die einzelnen Maßnahmen allen Mitgliedstaaten aufgezwungen werden.

Zur Friedenspolitik gehört auch eine starke Stimme hinsichtlich der Menschenrechte. Die mit dem Reformvertrag verbundene Grundrechtscharta stärkt die europäischen Grund- und Freiheitsrechte und damit unsere diesbezüglichen weltweiten Bemühungen.

Auch der Schutz unserer Umwelt verlangt nach verstärkten gemeinsamen Anstrengungen, vor allem im Zusammenhang mit der Energiepolitik. Energieeffizienz, Energiesparen und die Förderung der erneuerbaren Energien sind schon jetzt zentrale Bestandteile der gemeinsamen europäischen Politik. Der Reformvertrag würde die europäischen Kompetenzen im Energiebereich stärken. Damit ist er ein Beitrag zur Lösung von Zukunftsfragen für die Menschheit.

Der Erfolg der europäischen Staaten beruht auf der parlamentarischen Demokratie, das heißt der direkten Mitbestimmung im Rahmen von Wahlen und der Verpflichtung der PolitikerInnen, sich immer wieder dem Urteil der WählerInnen zu stellen. Auch wenn in der Praxis der Parlamentarismus auf europäischer Ebene oftmals besser ausgestaltet ist, als in vielen Mitgliedsländern, ist der EU-Parlamentarismus noch ausbaufähig. Der Reformvertrag stärkt das EU-Parlament deutlich, denn er verstärkt das Mitwirkungsrecht der direkt und frei gewählten ParlamentarierInnen. Er erweitert aber auch die Möglichkeiten der nationalen Parlamente zur Teilnahme an der EU-Gesetzgebung. Der Reformvertrag ist ein wesentlicher Beitrag für tägliche Demokratie auf europäischer Ebene.

Auch die neuen globalen Konkurrenzverhältnisse verlangen eine rasch handlungs- und entscheidungsfähige Europäische Union. Dennoch dürfen die Grundsätze der erfolgreichen, parlamentarischen Demokratien nicht aufgegeben werden. Im Gegenteil – sie müssen gestärkt werden.

Diese doppelte Aufgabe erfüllt der Reformvertrag. Er bringt uns vielen Zielen näher, die gerade auch von der österreichischen Bevölkerung angestrebt werden: Frieden, Bewahrung der Umwelt und demokratische Entscheidungsprozesse. Natürlich ist er ein Kompromiss. Immerhin mussten sich 27 Regierungen darauf einigen. Aber Kompromisse zu schließen macht Europa stark und nicht schwach. (derStandard.at, 13.12.2007)