Alexander Meng
Neurologe und TCM-Arzt

Ich bin Arzt und weiß, dass chinesische und moderne Medizin einander gut ergänzen. Denn das Konzept der chinesischen Medizin ist ganzheitlich. Man bezieht den gesamten Menschen und seine Umgebung - von der Jahreszeit bis zur sozialen Umgebung - in die Betrachtung ein. Ying und Yang spielen eine große Rolle: Im Guten gibt es Schlechtes und im Schlechten Gutes. Für mich hat sich herausgestellt, dass das anfängliche Handicap, Chinesisch als erste Sprache zu haben, letztlich ein Segen war:

Foto: Aleksandra Pawloff

Ich bin fast bis zur Matura in China in die Schule gegangen und musste hier das fehlende Jahr in drei Jahren aufholen. Eine schwere Zeit - doch das Gute war: Ich habe die Besonderheiten beider Seiten, der westlichen und der östlichen Kultur verstehen gelernt. Auch später als Student, als ich viele Übersetzungen gemacht habe über Akupunktur, chinesische Medizin und Schmerzbehandlung. Dabei habe ich gesehen, dass diese Art der Medizin eine echte Bereicherung ist: So ist Akupunktur heute ein anerkannter und wesent-licher Bestandteil in der Behandlung. Dinge kann man nur zusammenführen, wenn man die jeweilige Kultur versteht.

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Janina Hawelka
Autohändlerin

Gerade bei Autos gibt es einiges, was aus beiden Welten zusammenkommt. Von den Japanern kommt die Präzision, die Genauigkeit, die Qualität und die Qualitätskontrolle. Da sind die sehr dahinter. Von Europa kommt das Design dazu: Das Design japanischer Hersteller wird ja mittlerweile auch in Europa gemacht, weil der europäische Geschmack mit dem asiatischen Design immer wieder Probleme hatte. Einflüsse aus Asien sind für mich aber oft zweischneidig. Positiv sind die Wellness-Ansätze. Also Yoga, Feng-Shui und gesundes Essen.

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Negativ ist: In China und Indien stellen Kinderarbeit und der fehlende Umweltschutz ein Problem dar. Unabhängig davon, ob das die Produktion verbilligt: Es ist ein Problem! Was sich ergänzt, sind Design und Kultur - für mich ein echter Dialog zwischen Asien und Europa, während Amerika ja primär importiert. Ob sich das, was sich ergänzt, auch gegenseitig zu Größerem treibt? Manchmal ist das Nebeneinander doch schon ein Mehrwert: Vielfalt ist per se positiv. Und um ein ganz einfaches Beispiel zu nennen: Sojasoße zu heimischem Essen statt Salz ist für mich ein Beispiel für gelungene Fusion.

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Miriam Hie
Moderatorin

Eigentlich ist mein ganzes Leben eine ständige Verbindung von europäischen und asiatischen Elementen. Ich bin in Österreich geboren und aufgewachsen und habe trotzdem asiatische Lebensart von klein auf mitbekommen. Das ist mein Alltag: Europäische und asiatische Einflüsse vermischen sich. Meine Eltern sind Auslandchinesen. Sie sind in Indonesien aufgewachsen, ich selbst in Oberösterreich - in Steyr. Viele Leute glauben, ich sei Eurasierin, also ein Mischling - vielleicht wegen meiner Sprache:

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Wenn ich meine Art zu sprechen bewusst einsetze, sorgt das immer noch für Erstaunen. Ich kann derb oberösterreichisch reden, und wenn ich bei Veranstaltungen ein paar Sprüche loslasse, ändert sich die Stimmung schlagartig. Weil es die Leute fasziniert, dass ich aussehe, wie ich aussehe, und trotzdem Mundart spreche. Meine Mutter aber hat in Steyr immer dann indonesisch gesprochen, wenn sie etwas sagen wollte, was die anderen Leute nicht mitbekommen sollten. Ich selbst bin westlich aufgewachsen. Manche Leute behaupten allerdings, sie sähen asiatische Verhaltensmuster an mir. Etwa dass ich die Hand beim Lachen vor den Mund halte. Mir fällt's gar nicht auf - das bin doch einfach ich.

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Edgar Honetschläger
Künstler in Japan und Wien

Ich war neulich in Paris in einem Lokal und bekam dort Steak mit Wasabi-Icecream - das ist "Fusion". Es war entsetzlich. Unerträglich. Doch wenn die Frage lautet: "Was passt?", gibt es schon eine Antwort: das Abstrakte. Denn in Österreich wie in Japan bekommt man nie ein dezidiertes "Ja" oder "Nein". Japan hat das mit dem Wahren des Gesichtes zu tun - in Österreich ist manchmal Feigheit dabei. Mir fällt noch ein Negativbeispiel ein: Japaner machen sich fremde Kulturen am liebsten selbst.

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Derzeit ist das Japan-Indien-Jahr. Da war ich bei einer Veranstaltung, bei der alle indischen Tänzer Japaner waren. Das war wie Steak mit Wasabi-Icecream. Mit solchen Aussagen muss man extrem vorsichtig sein, weil man so sehr rasch ein reaktionäres Weltbild zeichnet. Davon halte ich gar nichts. Denn die Welt ist doch gerade deshalb schön, weil sie bunt ist - doch wenn man alles zusammenmischt, ergibt es braune Kacke. Rot und Blau und Gelb ist wunderschön und in der Vielfalt großartig: Jedes für sich und keiner steht über dem Anderen. Der Versuch aber, das alles zusammenzuführen, endet leider oft bei Steak mit Wasabi-Icecream.

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Denise Parizek
Kuratorin

Von "dort" hole ich mir Kraft, innere Ruhe und gute Rezepte. Und das versuche ich nach "hier" zu transportieren - damit bekoche und motiviere ich meine Künstler: Was ich dort aufnehme, versuche ich hier einzusetzen. "Dort" ist vor allem Thailand. Der äußerste Norden und der tiefste Süden. Die Kraft hole ich mir aus der asiatischen Heiterkeit und dem Gefühl für Gemeinsam-keit - das ist ein Gegenpol zum europä-ischen Ego-Trip aus Europa. Die Rezepte reißt man sich auf der Straße unter den Nagel: Indem man mit den Köchen quatscht.

Foto: Aleksandra Pawloff

Ich habe noch nie so gut gegessen wie in Thailand auf der Straße. Ein Stück "Fusion" ist ja an und für sich schon, dass ich als Europäerin asiatisch koche - doch es lässt sich immer noch etwas von hier dazutun: Kräuter aus dem Garten zum Beispiel. Schließlich zählt beim Kochen auch die Fantasie, und wenn man ehrlich ist, ist der Unterschied zwischen Gulasch und Curry nicht so groß. Genau genommen ist ja auch Gulasch Fusionküche - angepasst an frühere Reisemöglichkeiten. Das zeigt, wie traditionell und bereichernd das ist, was heute "Fusion" heißt: Ohne sie wäre Österreich nämlich ziemlich gar nix. Und das Leben wäre recht unlustig und karg.

Foto: Aleksandra Pawloff

Nikos Andriopulos
Betreiber der Boutique "Emis"

Die Kunst der Japaner ist die Verhüllung. Sie nehmen dafür Stoffe und Muster Europas und machen daraus wirklich Neues, während die Europäer sich oft nur wiederholen. Japan und Asien haben die Ausdrucksformen Europas übernommen - und dort wird unheimlich viel konsumiert. Ein enormer Markt! Europa übernimmt Esskultur, Meditation und medizinische Errungenschaften: ein guter Tausch für beide. Davon profitieren wir alle.

Foto: Aleksandra Pawloff

Mich hat die Art des japanischen Businessmachens geprägt. Ich arbeite gerne mit Japanern, weil sie dem anderen Platz lassen, ihn nicht bedrängen, erdrücken oder überfahren wollen. Man gönnt einander Zeit zum Nachdenken. Raum, um sich zu entfalten. Druck wird keiner gemacht - das fehlt uns in Europa. Diese Form des Umganges ist beinahe eine Philosophie oder Meditation. Ich könnte aber trotzdem nie in Japan leben, ich liebe das Leben hier in Europa. Hier bin ich zuhause, doch dort finde ich Dinge in der Alltagskultur, die bei uns schon lange verlorengegangen sind. (Thomas Rottenberg/Der Standard/rondo/14/12/2007)

Fotos: Aleksandra Pawloff

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