Minsk/Moskau – Während die russische Innenpolitik mit den Parlamentswahlen und der Propagierung von Vizepremier Dmitri Medwedew zum künftigen Präsidenten ihre heiße Phase durchläuft, befindet sich Kremlchef Wladimir Putin seit Donnerstagabend im Nachbarstaat Weißrussland. Dieser Umstand und die Tatsache, dass dies sein erster Staatsbesuch beim sogenannten "letzten Diktator Europas", Alexander Lukaschenko, ist, haben Spekulationen angeheizt, es könne doch noch zu einer Staatenunion kommen, deren Oberhaupt Putin im nächsten Jahr würde.

Tatsächlich dürfte es Putin mehr um die Gasfrage gehen. Weißrussland steht laut der von Moskau zu Jahresbeginn durchgesetzten Einigung eine weitere Preiserhöhung ab Jänner bevor. Derzeit zahlt Minsk 100 Dollar je 1000 Kubikmeter. Laut vereinbartem Preisbildungsmechanismus dürften es 160 Dollar werden. Beobachter gehen davon aus, dass Putin die Frage lösen will, um einen neuen „Gaskrieg“ in der schwierigen Phase des russischen Machtwechsels im Frühjahr zu vermeiden. Sollte es nämlich Julia Timoschenko in der Ukraine doch noch zur Premierministerin schaffen, droht auch von dort ein neuer Gaspreiskonflikt.

Putin dürfte daher Kompensationen für Preiserhöhungen anbieten. Das weißrussische Außenhandelsdefizit allein mit Russland beträgt über vier Milliarden Euro. Ab Neujahr lässt Lukaschenko etwa bereits die Sozialprivilegien für Pensionisten und Studenten streichen. (Eduard Steiner, DER STANDARD, Printausgabe/14.12.2007)