Zustände wie in "Hinterholz 8" (mit Roland Düringer, Mitte): Wie viel "mehr Geld" würde es brauchen, um den ORF wieder österreicherischer zu machen?

Foto: Dor Film
In ganz Europa befindet sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk in einer Krise. An vielen Orten wird über Strukturreformen nachgedacht.

Der ORF begnügt sich damit, dass er mehr Geld braucht, und droht mit Kürzungen zulasten der heimischen Film- und damit Programmproduktion. Daraufhin sagt auch die heimische Filmwirtschaft, dass der ORF mehr Geld braucht. Denn mit mehr Geld würde dann Österreich drin sein, wo ORF draufsteht.

Das Rezept für mehr Geld heißt a) Gebührenerhöhung und b) "Ende des Gebührenschwindels". Damit ist gemeint, dass ein Teil der ORF-Gebühren nicht in den ORF, sondern an die Länder und an den Bund fließt. Ein Großteil davon wird für Kunst und Kultur, auch für die Filmförderung verwendet (z.B. in Wien und Niederösterreich).

Wunder über Wunder

Wenn man den täglichen, zermürbenden Kleinkrieg zwischen Filmproduzenten, Förderstellen und ORF um jeden Vertrag, jedes Recht und Nebenrecht kennt; wenn man verfolgt hat, wie der ORF in den letzten Jahren, als von der jetzt plötzlich ausgebrochenen Diskussion keine Rede war, die Produzenten ausgeschickt hat, Projekte statt mit Fernsehgeld mit öffentlichen Förderungen zu finanzieren; wie Fernsehfilme auf Kinofilme umgeschminkt werden – und alle machen mit! –, was die Förderbudgets aushöhlt und Energien vergeudet; wie der österreichische Film in den Bermudadreiecken des Programmschemas versenkt wird: Wer das alles erlebt, kann sich nur wundern.

Dass eine Strukturkrise mit mehr Geld bewältigt werden könnte, ist ein unorthodoxer Gedanke. Zu Recht vermisst Armin Thurnher im Falter die "öffentlich-rechtliche Neubesinnung". Ob aber mehr Geld zu mehr Besinnung oder nicht eher zur Besinnungslosigkeit führt, sei dahingestellt. Alle reden, aber niemand sagt, woraus die "totale Reform" (Filmproduzent Helmut Grasser in "tv-media") bestehen könnte, außer in mehr Geld.

Aber vielleicht sehen wir alle, die wir in und für die österreichische Filmbranche arbeiten, zu wenig ORF, um uns zu besinnen.

Wer kennt die Produktionen der Landesstudios wirklich? Sie sind eine Katastrophe. Die Landesstudios zu privatisieren wäre nicht "antipolitisch" (Armin Thurnher), sondern ein logischer Schritt jeder Unternehmenssanierung.

Wer braucht zwei Programmkanäle, wenn einer davon nicht als öffentlich-rechtlicher erkennbar ist? Wieso ist der ORF Freitagabend der einzige öffentlich-rechtliche deutschsprachige Sender, der die UEFA Champions-League überträgt, während alle anderen – sogar die deutschen Privaten – ihr Hauptabendprogramm mit "einheimischen" Produktionen bestreiten? Zahlen wir freiwillig dafür, uns mit zweit- und drittklassiger amerikanischer Massenware zuschütten zu lassen?

Verteilungskampf

Warum nicht für ein neues Rundfunkvolksbegehren kämpfen, anstatt die Kosten für angeblich besseres und "österreichischeres" Programm auf die SeherInnen abzuwälzen und sich mit dem untergriffigen Schlagwort vom "Gebührenschwindel" in einen unklugen Verteilungskampf in den Bundesländern zu begeben?

Könnte es vielleicht sein, dass auch die Bevölkerung ihr Geld lieber in regionalen Kulturinitiativen, Kunstankäufen und sogar in der Altstadtsanierung sichtbar verwendet sieht, als mit unsicherem Schicksal am Küniglberg vergraben?

Und was, wenn noch einmal 150.000 Haushalte im digitalen Einzugsgebiet, als Reaktion auf die Gebührenerhöhung, auf den ORF-Empfang verzichten?

Gesetze lassen sich ändern, der öffentlich-rechtliche Auftrag lässt sich zeitgemäß konkretisieren, aber die Seherinnen und Seher lassen sich vielleicht nicht länger für dumm verkaufen.

Der österreichische Film braucht nicht nur mehr Geld, sondern vor allem mehr Politik, mehr Akzeptanz auf der Basis von Bildung, mehr Vermittlung, mehr und besseren Platz im Kino und im Fernsehen. Aber nicht zulasten anderer und nicht zu indirekten Gunsten überlebter Strukturen. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.12.2007)