Ebenfalls offen ist bisher geblieben, was sich hinter der nebulosen Drohung verbirgt, die der niederösterreichische Landeshauptmann in einem von Wahlfieber ausgelösten rhetorischen Veitstanz ausgestoßen hat: Die SPÖ möge es wagen ..., knurrte er drohend in den Streit um das neue Pflegemodell. Eine Leseratte wie er kann es sich schon erlauben, das Kunstmittel der Aposiopese in die Schlacht gegen die Roten zu werfen - jene Sprachfigur, bei der der harte Kern eines Gedankens ausgespart bleibt, in der Erwartung, er werde in der weichen Birne des Adressaten dennoch tiefen Eindruck hinterlassen.
Das kann geschehen, aber auch danebengehen. Dafür, dass sich ein Landeshauptmann dauerhaft weigert, die Vollziehung eines Bundesgesetzes zu verhindern, gibt es in Österreich zwar ein berüchtigtes Beispiel, aber soll Niederösterreich wirklich Kärnten werden? Zwar war die SPÖ von Prölls Aufforderung zu Wagemut derart hingerissen, dass ihr Geschäftsführer, angeblich in Abstimmung mit seinem Sozialminister, das niederösterreichische Wählerpflegemodell sogleich auf ganz Österreich ausweiten wollte, damit aber sowohl bei Molterer, dem Prölls Spendierhose zu groß ist, als auch bei Buchinger abblitzte, der sie nur anziehen will, wenn ihm der Finanzminister hineinhilft.
Was kratzen mich meine guten Vorsätze von vorgestern, was juckt mich mein Nationalratsbeschluss von gestern? Das tritt immer klarer als die politische Devise hervor, unter der sich die Regierungsparteien dahintreiben lassen. Nur reine Toren glauben, dass unter einer großen Koalition der Parlamentarismus aufblüht. Deren Maxime ist ja das Gegenteil: Die Parlamentsmehrheit hat verlässlich abzunicken, was vorher ausgemacht wurde. Nicht dass das bei einer kleinen Koalition mit gesicherter Mehrheit anders wäre, nur werden bei größerer demokratischer Legitimation auch große Lösungen erwartet - schließlich wurden sie ja versprochen.