Nicht einmal auf einem politischen Nebengeleise wurde diese Woche definitiv Klarheit geschaffen. Nach einem Erkenntnis des Wiener Straflandesgerichtes ist es zulässig, das so genannte "Bündnis Zukunft Österreich" im Anschluss an eine Erkenntnis des Industriellen Hannes Androsch als "Schlägertruppe" zu definieren. Das kräftige Urteil Androschs ist aber noch nicht rechtskräftig, weil die Gebündelten den Segen jenes langen Instanzenzuges in Anspruch nehmen wollen, den sie, und nicht nur sie, weniger schlagkräftigen Asylwerbern angeblich im Interesse der Zukunft Österreichs verwehren. Weshalb man im Ringen um die Definitionsmacht über dieses Bündel bis auf weiteres besser mit dem einschränkenden Begriff "verbale Schlägertruppe" vorlieb nimmt, der auch dem politischen Kulturbegriff des Chefs so gut entsprechen dürfte, dass sich die Mobilisierung eines Leibwächters erübrigt.

Ebenfalls offen ist bisher geblieben, was sich hinter der nebulosen Drohung verbirgt, die der niederösterreichische Landeshauptmann in einem von Wahlfieber ausgelösten rhetorischen Veitstanz ausgestoßen hat: Die SPÖ möge es wagen ..., knurrte er drohend in den Streit um das neue Pflegemodell. Eine Leseratte wie er kann es sich schon erlauben, das Kunstmittel der Aposiopese in die Schlacht gegen die Roten zu werfen - jene Sprachfigur, bei der der harte Kern eines Gedankens ausgespart bleibt, in der Erwartung, er werde in der weichen Birne des Adressaten dennoch tiefen Eindruck hinterlassen.

Das kann geschehen, aber auch danebengehen. Dafür, dass sich ein Landeshauptmann dauerhaft weigert, die Vollziehung eines Bundesgesetzes zu verhindern, gibt es in Österreich zwar ein berüchtigtes Beispiel, aber soll Niederösterreich wirklich Kärnten werden? Zwar war die SPÖ von Prölls Aufforderung zu Wagemut derart hingerissen, dass ihr Geschäftsführer, angeblich in Abstimmung mit seinem Sozialminister, das niederösterreichische Wählerpflegemodell sogleich auf ganz Österreich ausweiten wollte, damit aber sowohl bei Molterer, dem Prölls Spendierhose zu groß ist, als auch bei Buchinger abblitzte, der sie nur anziehen will, wenn ihm der Finanzminister hineinhilft.

Was kratzen mich meine guten Vorsätze von vorgestern, was juckt mich mein Nationalratsbeschluss von gestern? Das tritt immer klarer als die politische Devise hervor, unter der sich die Regierungsparteien dahintreiben lassen. Nur reine Toren glauben, dass unter einer großen Koalition der Parlamentarismus aufblüht. Deren Maxime ist ja das Gegenteil: Die Parlamentsmehrheit hat verlässlich abzunicken, was vorher ausgemacht wurde. Nicht dass das bei einer kleinen Koalition mit gesicherter Mehrheit anders wäre, nur werden bei größerer demokratischer Legitimation auch große Lösungen erwartet - schließlich wurden sie ja versprochen.

Solche sieht am Ende ihres ersten Jahres nicht einmal eine Regierung, die an Selbstlob nicht spart, wenn sie nicht gerade zu erklären versucht, warum so wenig weiter, und so vieles in die falsche Richtung geht. Gegen den Umgang mit dem Parlament trat nun sogar die Präsidentin des Nationalrates die Flucht in die Öffentlichkeit an. Sie habe versucht, nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten, hinter den Kulissen auf die Fraktionen einzuwirken - genutzt hat es nichts. Es wird Andreas Khol eine späte Genugtuung sein, dass die "roten Gfrieser" mit der Regierungsverantwortung auch seinen Slogan "Speed kills" übernommen haben. Die Vorgänge im Nationalrat von letzter Woche beweisen es. Aber nicht immer wird gehudelt. Über die nötige Reform der Geschäftsordnung gab es schon vor Wochen eine grundsätzliche Einigung. Verlässlich wie gewohnt, ist die Volkspartei noch rechtzeitig abgesprungen. (Günter Traxler/DER STANDARD, Printausgabe, 14.12.2007)