Graz/Wien - "Der Minister möchte das grundsätzlich geklärt haben", sagte Answer Lang, Sprecher des Verteidigungsministers Norbert Darabos am Donnerstag im Gespräch mit dem STANDARD.

Die militärhistorische Denkmalkommission unter der Leitung des Grazer Zeithistorikers Dieter Binder wird nun in den nächsten Monaten allen Hinweisen auf ein noch immer vorhandenes Massengrab auf dem Flughafenareal Thalerhof aus dem Ersten Weltkrieg nachgehen.

"Es ist erwiesen: Es haben auf dem Thalerhof-Gelände Kriegsverbrechen stattgefunden", sagt der Sprecher des steirischen Militärkommandos, Gerhard Schweiger. Man werde die weißen Flecken der Vergangenheit jetzt aufklären.

Es ist eines der schwärzesten Kapitel der k. u. k. Armee, das dort im Süden von Graz geschrieben wurde. Bis zu 30.000 Gefangene - darunter Kinder und Frauen - aus der heutigen Ukraine wurden ab 1914 hierher in ein Internierungslager verschleppt. Ihnen wurde "Russenfreundlichkeit" vorgeworfen.

Historische Quellen, die erst vor kurzem an die Öffentlichkeit kamen, sprechen von rund 2200 Menschen, die infolge katastrophaler hygienischer Bedingungen, die zum Ausbruch von Seuchen führten, starben und vor Ort verscharrt wurden. Wie viele tatsächlich umkamen, wisse niemand, sagt im Standard-Gespräch der Historiker Ingo Mirsch, der erstmals in der Ortschronik der Thalerhofgemeinde Feldkirchen auf das Kriegverbrechen hinwies.

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Überreste der Verstorbenen im Feldkirchen Karner (Beinhaus) liegen. Mirsch und andere Militärhistoriker machten jetzt aber darauf aufmerksam, dass dies allein technisch nicht möglich sei, der Karner sie zu klein. Der Großteil der Gebeine müsse noch unter dem Flughafengelände liegen.

Der ehemalige Bundesheeroberst Manfred Oswald, der wesentlich zur Aufklärung beigetragen hatte, weiß nun von einem Augenzeugen, einem ehemaligen Kriegspiloten aus dem Zweiten Weltkrieg, der die Existenz von Gräbern unter dem Flughafengelände bestätigt. Brisant ist die Situation nicht nur für den militärischen Teil des Grazer Airports. Seit kurzem weiß man, dass die vermuteten Massengräber auch die Landebahnen des Zivilflughafens betreffen könnten. Flughafenchef Widmann ist alarmiert: "Wir werden alles prüfen und sind bereits mit dem Verteidigungsministerium in Kontakt." (Walter Müller, DER STANDARD - Printausgabe, 14. Dezember 2007)