Hamburg - Nach dem Skandal um die gefälschten Terrakotta-Krieger im Hamburger Völkerkunde-Museum hat Direktor Wulf Köpke einen Rücktritt abgelehnt. Nach fünfzehn Jahren der Museumsleitung habe er nun einen Fehler gemacht, räumte Köpke im Deutschlandradio Kultur ein: "Augenscheinlich haben wir etwas versäumt, sonst hätte es nicht einen solchen Fehler gegeben. Aber andererseits sind wir nicht das erste Museum, das auf so etwas reinfällt und wir werden auch nicht das letzte sein." Nach einer tagelangen Hinhaltetaktik hatte die Leipziger Firma Center of Chinese Arts and Culture (CCAC), die die Hamburger Ausstellung organisiert hat, zugegeben, dass es sich bei den acht Tonkriegern um Kopien handelt. Daraufhin wurde die Schau geschlossen.

"Großes Interesse"

Eine Wiedereröffnung der Ausstellung schloss Köpke nicht aus: "Die Ausstellung ist ja sehr gut." Zu überlegen sei eine Wiedereröffnung mit einem geringeren Eintritt. "Das Publikumsinteresse ist groß", sagte Köpke. Viele Besucher sagten, es sei ihnen egal, ob die Krieger echt oder gefälscht seien. "Das tröstet uns, entlastet uns aber überhaupt nicht", meinte der Museumsdirektor. "Sie müssen sich auf ein Museum verlassen können. Wenn das Museum sagt, da sind Originale, dann müssen das Originale sein, auch wenn die Besucher sagen, uns ist das nicht so wichtig. Für die Glaubwürdigkeit eines Museums ist das extrem wichtig."

Kritik an Blockbustern

Der Kunsthistoriker Stefan Koldehoff sieht in dem Skandal ein Beispiel für den Verfall der deutschen Museumsszene. "Das Völkerkundemuseum hat offenbar nicht mehr daran gedacht, dass es ein Bildungsinstitut ist und nicht nur ein Teil der Freizeitindustrie", sagte Koldehoff dem 3sat-Magazin "Kulturzeit". Das Museum hätte sorgfältiger recherchieren müssen. "Museen dürfen sich nicht nur auf das verlassen, was die Marketingabteilungen liefern", sagte Koldehoff. Er hält die Vorgänge in Hamburg für exemplarisch: "Es ist ein Trend, den wir schon seit Jahren beobachten und der sich zum Beispiel in der MoMA-Ausstellung in Berlin widerspiegelt. Es geht nicht mehr darum, neue wissenschaftliche Inhalte zu erzeugen, sondern nur noch Blockbuster-Veranstaltungen zu organisieren, die möglichst viele Leute sehen wollen", sagte Koldehoff.

Klage möglich

Und auch die chinesischen Behörden werden nun aktiv: Das für die kostbaren Figuren aus der ehemaligen Kaiserstadt Xian zuständige Büro für antike Kulturschätze in der Provinz Shaanxi kündigte am Freitag juristische Schritte gegen Organisationen und Einzelne an, die unter seinem Namen gefälschte Exponate ausstellten. Sein Büro habe dem Museum für Völkerkunde in der Hansestadt keine echten Objekte zur Verfügung gestellt, sagte dessen Sprecher Chen Xianqi. "Unsere Rechte sind ebenso wie die des deutschen Publikums verletzt worden", erklärte Chen.

Die Ausstellung der gefälschten Tonfiguren sei ein "ernsthafter Fall von Betrug" und verletze die Urheberrechte, sagte Chen - der Fall habe den Ruf des Kulturbüros ernsthaft beschädigt. Der Behördenvertreter machte keine Angaben darüber, gegen wen genau sein Büro gerichtlich vorgehen wolle. Indirekt kritisierte er aber auch das Hamburger Museum, das die Ausstellung gemeinsam mit der Leipziger Ausstellerfirma CCAC ohne Beratung mit dem Kulturbüro in Shaanxi organisiert habe. "Unser Büro wusste nichts von der Ausstellung." (APA/dpa)