Hans-Koller-Preis-Träger Stefano Bollani.

Foto: Roberto Masotti
Wien – "Ich denke, die meisten Leute, die für mich votierten, taten dies aufgrund meiner Piano Solo -CD. Meine anderen Platten haben sie wohl nie gehört. Was ein Problem des Vertriebs ist. Ich würde nicht sagen, dass Piano Solo die beste Platte ist, die ich je gemacht habe, aber es ist wohl die bestvertriebene."

Stefano Bollani, der am Freitag im Rahmen der Überreichung der diesjährigen Hans-Koller-Preise im Wiener Porgy & Bess mit dem "European Jazz Prize" ausgezeichnet wurde und heute, Samstag, dort sein Preisträgerkonzert gibt, sieht seine Wahl nicht frei von Zufälligkeit.

Piano Solo, das 2006 veröffentlichte Opus, bedeutete für den Mailänder Tastenmeister zweifellos einen enormen Bekanntheitsschub. Virtuos, harmonisch fortgeschritten, dabei offen in vielerlei Richtungen, so stellte sich Bollani mit seiner ersten Arbeit für das Münchener Label ECM Records vor. Ein Album, das ursprünglich als improvisierte Hommage an Sergej Prokofiew gedacht war, das im Studio indessen spontan zu einem bunten Potpourri von Stücken Scott Joplins, Brian Wilsons, von Tango-Heros Edgardo Donato bis hin zu Jazzstandards und freien Improvisationen mutierte.

Dass Bollani keine Berührungsängste kennt, hat auch damit zu tun, dass er seine Karriere 1995 in der B and des Italo-Rappers Jovanotti begann. "Ich lernte dort, was ich nicht machen wollte", so Bollani. "Man spielte jede Nacht dasselbe. Alles drehte sich um Geld und Erfolg. Niemand, nicht einmal die Musiker, sprach über Musik."

Der Telefonanruf einer italienischen Jazzlegende wies Bollani den Weg zum Jazz: "1996 begegnete ich Enrico Rava. Er sagte, du bist jung, spiele deine eigene Musik. Es war ein gleichsam väterlicher Rat, für den ich ihm immer noch dankbar bin. Nach elf Jahren spielen wir immer noch zusammen, ich habe all meine musikalischen Kontakte durch Enrico geknüpft.

Nur meine Frau habe ich selbst entdeckt", so Bollani schmunzelnd. Soeben haben er und der beinahe doppelt so alte Trompeter mit The Third Man (ECM/Lotus) ihre dritte Duoplatte vorgelegt, ein Werk, in dem die beiden die Vorlagen tastend entschleunigen, abstrahieren und so zu ureigenen, entgrenzten Klanggedanken vorstoßen. Ein Werk, das als Argument für Stefano Bollanis Preisträgerschaft anno 2007 gesehen werden kann.

Zweifellos steht von diesem vielseitigen, frühreifen Pianisten noch einiges zu erwarten. Auch wenn sein jüngster Coup nicht von Erfolg gekrönt war: "Ich sollte die Musik für den 2008 anlaufenden Film Caos calmo , mit Nani Moretti in der Hauptrolle, schreiben. Alles lief gut – und dann wurden die fertigen Aufnahmen abgelehnt. Ich war natürlich enttäuscht. Andrerseits ist dasselbe schon Charles Mingus und Ornette Coleman passiert. Ich bin also in guter Gesellschaft." (Andreas Felber, DER STANDARD/Printausgabe, 15./16.12.2007)