"Notenbanken unternehmen gemeinsamen Angriff auf die Kreditkrise in den globalen Kapitalmärkten"
(Financial Times)

"Notverkäufe bedrohen Banken"
(Handelsblatt)

"Zentralbanken fluten die Geldmärkte"
(FAZ)

Was ist los? Die "Subprime"-Krise ist noch längst nicht überstanden und einige der wichtigsten Notenbanken der Welt - Federal Reserve, Europäische Zentralbank, Bank of England, Schweizerische Nationalbank - haben sich zusammengetan, um internationale Geschäftsbanken vor dem Kollaps zu bewahren, das ist los. Viele Finanzinstitute sitzen immer noch auf ungeheuren Summen fauler US-Häuslbauerkredite. Sie wagen es nicht, einander kurzfristig Geld zu leihen, weil keiner weiß, ob und wann der Geschäftspartner krachen geht. Ein riesiges Institut wie die Schweizer UBS brauchte kurzfristig eine Kapitalspritze von arabischen Geldgebern. Es quietscht auf den internationalen Geldmärkten.

Die Notenbanken stellten jetzt, wie schon mehrmals seit dem Sommer, große Summen an billigem Geld zur Verfügung, damit die Banken überhaupt liquide bleiben.

"Das ist ein historischer Moment für die Weltökonomie", schreibt der weltweit anerkannte Finanzkolumnist der Financial Times, Martin Wolf. Er führt dann aus, dass das "angloamerikanische Modell des transaktionsorientierten finanziellen Kapitalismus einen gewaltigen Schlag" erhalten habe. Übersetzung: die Erfindung immer komplizierterer und undurchschaubarer Finanzkonstruktionen und -derivate durch "den Markt", gedeckt durch die Philosophie der Deregulierung, hat eben dieser Philosophie schwer geschadet. Martin Wolf erinnert auch daran, dass es die Amerikaner (die Regierung Bush) waren, die anderen die Vorteile des schrankenlosen Turbo-Kapitalismus predigten. "Lange Zeit werden die Leute den Vorträgen von US-Funktionären über die Tugenden freier Finanzmärkte nicht mit einer geraden Miene lauschen können".

Kapitalismus-Exzesse

Einschub: Deregulierung und Öffnung der (Finanz-) Märkte war notwendig für die Ausweitung des Weltwirtschaftswachstums. Schief gelaufen ist die Ideologisierung der Marktwirtschaft durch Bush-Fanatiker und deren Wegschauen, wenn ihre politischen Freunde und finanziellen Unterstützer unter der Flagge der "freien Märkte" auf Bereicherung und Betrug aus waren. Die "Subprime"-Krise entstand dadurch, dass an absolut kreditunwürdige Leute ("ninjas" - no income, no jobs, no securities) massenhaft Kredite vergeben, diese bis zur Unkenntlichkeit gebündelt, verpackt und international weiterverkauft wurden.

Solche Kapitalismus-Exzesse treten von Zeit zu Zeit auf, wenn die politische Kontrolle auslässt. Die Regierung Bush hat Beachtliches geleistet: Sie untergrub durch die Irak-Katastrophe die militärisch-politische Führungsrolle der USA, durch die Aushöhlung der Menschen- und Bürgerrechte die moralische und nun auch die finanzwirtschaftliche.

Die Frage, die immer gestellt wird, ist: Kommen die Dreißigerjahre wieder? Die Antwort ist nein, weil heute die Notenbanken eingreifen und nicht wie damals den "Markt" werken lassen - und weil heute der Westen nicht auf die eigene Nachfrage angewiesen ist. Indien, China, Japan, die arabischen Ölstaaten, bis zu einem gewissen Grad auch Russland, stehen bereit, um in die westlichen Finanzmärkte zu investieren. Sie werden dafür natürlich entsprechend Einfluss fordern. ( Hans Rauscher , DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15./16.12.2007)