Paulina Bozek studierte Kulturwissenschaften, Medien und Kommunikation und arbeitet seit 2003 für Sony Computer Entertainment Europe als Produzentin von SingStar.

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SingStar für PlayStation 3 ist bereits als Standalone Version für 39,90 Euro (UVP) im Handel erhältlich. Das Spiel inklusive Mikrofone gibt es für 69,90 Euro (UVP). Die SingStar Mikrofone der PlayStation 2 sind kompatibel zu der neuen PS3-Edition.

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"Während du deine Idole nachahmst, kannst du dich selbst wie ein Star fühlen."

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Der neue Sing Store bietet einen Online-Katalog von Musikstücken. Wöchentlich sollen neue dazukommen. Ziel ist ein gleichzeitiger Release mit den Singles für den Musikmarkt.

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Kann eine Plattform wie My SingStar Online ein Sprungbrett für Sänger sein?

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"Wir hatten keine Ahnung, wie erfolgreich wir sein werden, als wir SingStar vor vier Jahren herausbrachten", erinnert sich Produzentin Paulina Bozek im Interview mit dem WebStandard. Mittlerweile sind sogenannte Social Games wahre Goldgruben der Entwickler-Studios. Allein in Europa verkaufte sich SingStar für die PS2 bisher 10 Millionen Mal. "Es ist das Bedürfnis nach 15 Minuten Ruhm, das wir ansprechen", sagt Bozek im Gespräch mit Zsolt Wilhelm.

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derStandard.at: Wissen Sie wer Daisuke Inoue ist?

Paulina Bozek: Nein, weiß ich nicht. Wer ist das?

derStandard.at: Wenn meine Quellen korrekt sind, dann handelt es sich um den Mann, der in den 1970er Jahren Karaoke in Japan bekannt gemacht hat.

Paulina Bozek: Interessant, das wusste ich nicht. Ich werde es nachschlagen.

derStandard.at: Würden Sie sagen, dass SingStar für den westlichen Markt das populärste Karaoke-Produkt überhaupt ist?

Paulina Bozek: Ich verfüge nicht über genaue Statistiken. Aber basierend auf dem Feedback, das wir von Konsumenten, der Presse und schließlich auch von unseren Verkaufszahlen erhalten, glaube ich, dass es definitiv das populärste Musikspiel ist und ziemlich wahrscheinlich auch das bekannteste Karaoke-Produkt.

derStandard.at: Können Sie mir dann sagen, weshalb SingStar kein einziges Mal im Karaoke-Artikel Wikipedias aufscheint?

Paulina Bozek: (lacht) Ich kann nicht für den Artikel sprechen, aber vielleicht liegt das daran, dass es ein leicht verändertes Spielprinzip hat. Es ist sicher an Karaoke angelehnt, beinhaltet aber Wettbewerbselemente. Karaoke war eigentlich nicht darauf ausgelegt.

derStandard.at: Karaoke ist in Japan ein fester Bestandteil der Freizeitgestaltung, ähnlich wie Kinobesuche bei uns. Glauben Sie, ist es zum großen Teil auch SingStar zu verdanken, dass diese Art der Unterhaltung nun auch bei uns populär geworden ist?

Paulina Bozek: Früher war Karaoke eher ein Nischenprogramm. In den vergangenen Jahren hat sich Karaoke aber immer mehr im Alltag etabliert. SingStar hat bestimmt geholfen den Markt zu öffnen.

derStandard.at: Wenn Sie abseits von Karaoke an Videospiele allgemein, aber auch an Zeichentrick im Stile der Mangas denken, glauben Sie, ist Japan eine Art Trendsetter für den Westen?

Paulina Bozek: Nicht immer. Da hier einige grundlegende kulturelle Unterschiede vorherrschen. Bei unserer Spielentwicklung haben wir beispielsweise nicht auf Japan geschielt, um zu sehen, wie die Karaoke-Kultur dort ist. Wir haben die Idee der "Nachahmung von Popstars" aufgegriffen. Mehr aus Sicht eines jungen Mädchens, das so singen und tanzen möchte wie Beyoncé. Wir haben uns auch nach der damaligen Zeit orientiert. Shows, wie "Pop Idol" waren sehr beliebt und dieses Bedürfnis nach "15 Minuten Ruhm" stark. Und während du deine Idole nachahmst, kannst du dich selbst wie ein Star fühlen.

derStandard.at: Ist das kein Bedürfnis, dass japanische Jugendliche mit unseren teilen?

Paulina Bozek: Ich hatte vor kurzem eine Diskussion darüber mit unseren japanischen Kollegen. Die Menschen dort mögen diesbezüglich den Wettbewerbsaspekt nicht.

derStandard.at: In Japan haben Videospiele einen anderen Stellenwert als bei uns. Man sieht dort auch ältere Menschen mit Gameboys oder PSPs in der U-Bahn sitzen. Diesen Grad der Integration von Videospielen kennen wir bei uns noch nicht. Ändern Social Games unsere Sichtweise auf Computerspiele?

Paulina Bozek: Das glaube ich definitiv. Allein, wenn wir SingStar betrachten: Über 50 Prozent der Spieler sind weiblich. Eine echte Ausnahme für Spiele. Worauf wir aber noch mehr stolz sind, ist die Tatsache, dass wir mittlerweile auch fast gleichviel männliche Spieler haben. Das sagt uns, dass es ein sehr universelles Erlebnis ist und eine breite Zielgruppe anspricht. Diese Spiele sprechen auch Menschen an, die mit Computerspielen nichts am Hut haben. Es gibt weniger potentielle Barrieren, die überwunden werden müssen. Spiele wie EyeToy, Buzz aber auch Guitar Hero sind intuitiv und haben den Zugang zu Videospielen bestimmt verändert.

derStandard.at: Apropos intuitive Steuerung: Nintendos Philosophie mit der Wii ist, dass Spiele für alle da sind – auch für ältere Menschen. Sehen Sie eine Zeit voraus, in der Videospiele so natürlich sind, wie heutzutage das Fernsehen?

Paulina Bozek: Bestimmt, nur ist es schwer eine Prognose zu erstellen. Denn selbst das Fernsehverhalten ändert sich. Der große Erfolg von Social Games und der Wii zeigen aber, dass es möglich ist. Genauso wie das bei Brettspielen der Fall ist. Da heißt es ja auch nicht: "ich bin ein Brettspieler".

derStandard.at: Wenn wir vom Massenmarkt sprechen, wie sehen Sie die zunehmend stärker werdende Konkurrenz in Form von Spielen wie Guitar Hero oder Rock Band? Betrachten Sie die überhaupt als Konkurrenz oder helfen diese Spiele den Markt weiter zu öffnen?

Paulina Bozek: Ich sehe das nicht so als Konkurrenz, eher als Hilfe. Es ist doch ein anderes Spielerlebnis. Ich denke, Guitar Hero speziell hat geholfen den US-Markt zu öffnen. Die USA hinken Europa in Sachen Mainstream-Gaming etwas hinterher.

derStandard.at: Woran liegt das?

Paulina Bozek: Ich weiß nicht, was es ist. Wir zerbrechen uns oft den Kopf darüber. Als wir vor vier Jahren SingStar veröffentlichten, wussten wir nicht, wie erfolgreich wir einmal sein werden. In Europa griff das Produkt sofort. Die USA hat dafür etwas länger gebraucht, aber jetzt sind auch sie soweit.

derStandard.at: Haben Sie jemals überlegt Instrumente in SingStar zu implementieren?

Paulina Bozek: Haben wir. Aber wir achten sehr darauf SingStar so simple wie möglich zu halten, um einen möglichst universellen Zugang zu ermöglichen. Singen selbst bietet schon viel Abwechslung.

derStandard.at: Fast alle in der Industrie sagen, dass der Zugang zum Breitenmarkt vor allem auch über den Preis gelegt wird. Mit SingStar für die PlayStation 3 stehen Sie vor einer großen Herausforderung. Weshalb sollte ich mir eine PS3 um mindestens 400 Euro kaufen, wenn ich zum gleichen Preis eine PS2 inklusive acht SingStar-Versionen haben kann?

Paulina Bozek: Schwierige Frage. SingStar für PS3 selbst bietet neue interessante Features (Online Store, My SingStar Online). Ich glaube aber nicht, dass sich Leute die PS3 nur wegen diesem Spiel kaufen werden.

derStandard.at: Auf der anderen Seite kenne allein ich einige, die sich eine PS2 nur wegen SingStar gekauft haben.

Paulina Bozek: Ja, stimmt. Aber wir befinden uns jetzt am Anfang dieser Konsolengeneration und die PS3 ist noch teuer – auch das wird sich ändern. Wir haben das Spiel vergangene Woche in England veröffentlicht und was uns freut, ist die hohe Anzahl an verkauften Bundles (Mikrofone plus Spiel). Also erreichen wir offensichtlich Neukunden – nach vier Jahren. Ein Grund dafür könnte sein, dass wenn Sie schon eine PS3 wegen all ihrer Eigenschaften haben, dann ist SingStar eine zusätzliches Spielerlebnis, das Sie sonst nicht bekommen. Ich denke, es war eine gute Entscheidung vom Unternehmen in einem so frühen Stadium der Konsole ein Social Game zu veröffentlichen, anstatt zu warten. Selbst Hardcore-Gamer sind interessiert an derartigen Alternativen.

derStandard.at: Können bestehende Kunden ihre alten PS2-Mikrofone nutzen?

Paulina Bozek: Ja, schließlich sind davon etwa 4,5 Millionen Stück am Markt. Wir arbeiten zusätzlich an kabellosen Mikrofonen.

derStandard.at: Zurück zum Preis…

Paulina Bozek: …wir glauben auch mit dem einzelnen Song-Preis (im Online Store) sehr wettbewerbsstark zu sein. In England kostet ein Song 0,99 Pfund.

derStandard.at: Im Euro-Raum sind es 1,49 Euro...

Paulina Bozek: Damit sind wir günstiger als alle anderen Anbieter ähnlicher Spiele. Daran haben wir sehr hart gearbeitet.

derStandard.at: Stimmt es, dass auf einer SingStar-Blu-ray, die 39,90 Euro kostet, 30 Songs enthalten sind?

Paulina Bozek: Das ist korrekt.

derStandard.at: Dann sind die Lieder auf einer Blu-ray (samt Spiel) demnach billiger...

Paulina Bozek: Das stimmt, dafür haben Sie online die Wahl nur jene Stücke auszusuchen, die Sie auch tatsächlich haben wollen.

derStandard.at: Wird es günstigere Bundles geben?

Paulina Bozek: Wir arbeiten daran.

derStandard.at: Die zweite große Hürde für SingStar PS3 ist die mangelhafte Abwärtskompatibilität zu PS2-Spielen. Sollte das nicht funktionieren, um den System-Wechsel zu erleichtern?

Paulina Bozek: Wir haben das Problem erkannt und wir arbeiten daran, es in den Griff zu bekommen. Wir nehmen das sehr ernst, mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.

derStandard.at: Kann man die Lieder der PS2-Editionen im Online Store kaufen?

Paulina Bozek: Einige davon sind auch online verfügbar.

derStandard.at: Mit diesen zwei großen Hürden vor den Augen, wie hoch sind Ihre Erwartungen für SingStar PS3.

Paulina Bozek: Die Ziele sind recht hoch gesteckt, in Relation zur bisherigen Installationsbasis. Noch ist es eher ein Early-Adopter-Markt. Aber SingStar ist das eine Game, das wirklich auf den Breitenmarkt abzielt.

derStandard.at: Glauben Sie, es wird ein ähnlich starkes Multi-Millionen-Dollar Franchise, wie auf der PS2?

Paulina Bozek: Definitiv. Es wird eine Zeit lang brauchen, aber wir sind sehr zuversichtlich. Aber auch das PS2-Geschäft werden wir nicht außer Acht lassen.

derStandard.at: Kommen wir zu My SingStar Online…

Paulina Bozek: Damit hat man jetzt die Möglichkeit seine Performance per USB-Kamera aufzuzeichnen und Online zu stellen. Wir achten dabei auf eine sehr einfache Handhabung und einen nahtlose Integration der Aufnahmefunktion.

derStandard.at: Funktioniert jede Web-Cam?

Paulina Bozek: Es gibt leider keinen Industriestandard für USB-Cams, aber wir unterstützen etwa 6 oder 7 Top-Marken und natürlich die EyeToy- und Eye-Kameras.

derStandard.at: Glauben Sie, es wird es für Konsolen einen ähnlichen Boom auslösen wie einst Youtube?

Paulina Bozek: Klar. Was wir bisher gesehen haben, greifen die Leute das Feature sehr schnell auf. Man kann ein Profil erstellen und dann seine aufgezeichneten Videos, Fotos und Audio-Dateien in eine Online-Gallerie hochladen. Es gibt jetzt schon zahlreiche Uploads. Das Online-Browsen scheint den Usern Spaß zu machen und auch das bewerten.

Was uns an Youtube so gefällt, ist der Gedanke der User-generierten Inhalte. Wir arbeiten schon seit zwei Jahren daran, eine derartige Plattform speziell für SingStar zu entwickeln. Wir messen uns daher auch nicht mit anderen Angeboten.

derStandard.at: Wird es Events geben, in Anlehnung an TV-Shows wie PopStars, Pop Idol oder Starmania?

Paulina Bozek: Die Plattform entwickelt sich ständig weiter und wir planen Wettbewerbe zu veranstalten.

derStandard.at: Kann man die Online-Galerie auch vom PC aus ansurfen?

Paulina Bozek: Noch nicht, aber in wenigen Monaten wird es möglich sein. Direkt auf SingStarGame.com.

derStandard.at: Sie Sprachen zuvor schon über diese "15 Minuten Ruhm". Kennen Sie Esmée Denters?

Paulina Bozek: (lacht) Nein, wieder ein Name.

derStandard.at: Tut mir leid. Sie hat es geschafft mit Karaoke-Clips auf Youtube einen Vertrag mit einem Platten-Label zu bekommen. Glauben Sie, kann eine Plattform wie My SingStar Online ein Sprungbrett für Sänger sein?

Paulina Bozek: Das denken wir auf alle Fälle. Wir arbeiten an passenden Events. Wir werden innerhalb des nächsten Jahres große Wettbewerbe starten. Auch unter jenen Uploads, die es jetzt schon gibt, kristallisieren sich Lieblinge heraus.

derStandard.at : Vielen Dank für das Gespräch.