Der "Aufbau eines palästinensischen Staates" ist das Hauptziel der EU-Kommission bei der zukünftigen finanziellen Unterstützung der Region, sagte EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner zum STANDARD kurz vor Beginn der internationalen Geberkonferenz, die heute, Montag, in Paris startet.

650 Millionen Dollar (447 Millionen Euro) wird die Kommission für die Palästinenser im Jahr 2008 bereitstellen. Etwa gleich viel wird vermutlich von den EU-Mitgliedstaaten dazukommen, womit die Hilfe unter der von heuer liegen würde. 2007 haben Kommission und Mitgliedstaaten zusammen rund eine Milliarde Euro in die diversen Hilfsprojekte investiert - die höchste Summe, die jemals den Palästinensern gewidmet wurde.

Die EU sei damit heuer wie auch im kommenden Jahr der größte Geber für die Palästinenser, betonte Ferrero-Waldner. Es sei nun wichtig, dass auch andere Geber substanziell in die Projekte einsteigen würden, vor allem die arabischen Staaten, meinte die Kommissarin. Diese liegen auch nach Zahlen der UNO deutlich hinter ihren Zusagen zu finanziellen Hilfen zurück und erreichen im Schnitt nicht einmal ein Zehntel der Hilfe aus der EU.

Vier Prioritäten Bei der Verwendung der Mittel will die EU klare Prioritäten setzen, sagte Ferrero-Waldner: der Aufbau von Regierungsinfrastruktur, soziale Hilfestellungen, der Aufbau von Grundlagen für wirtschaftliche Projekte im privaten Bereich und der Aufbau von öffentlicher Versorgungsinfrastruktur wie Wasser- und Energienetze.

Dazu will die EU auch einen neuen Mechanismus einrichten, mit dem die effiziente Administration der Projekte sichergestellt werden soll: Statt des "Temporary International Mechanism" (TIM), der geschaffen wurde, um Palästinenser-Hilfe unter Umgehung der radikalen Hamas-Regierung im Gazastreifen zu ermöglichen - und der im März ausläuft -, soll nun "Pégase" ("Pegasus") die Zahlungen mit dem Charakter von Nothilfen auf eine kontinuierliche reguläre Basis unter Einbeziehung der palästinensischen Regierung umstellen. Dies soll in enger Abstimmung mit dem "glaubwürdigen und guten" Reformplan der Fayyad-Regierung (in der die Hamas ja nicht mehr vertreten ist) für die Jahre 2008 bis 2010 erfolgen.

"Verelendung droht"

Die Weltbank hat bereits vor einer weiteren Verelendung der palästinensischen Bevölkerung und vor einer explosiven Situation gewarnt. Die UNO hofft, für die nächsten drei Jahre Zusagen in Höhe von 5,6 Milliarden Dollar zu bekommen. Die durch Außenministerin Condoleezza Rice vertretenen USA haben dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas Hilfen im Umfang von mehr als 500 Millionen Dollar (345 Millionen Euro) in Aussicht gestellt.

Washington wolle die Anstrengungen für den Aufbau eines palästinensischen Staates spürbar unterstützen, sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Sean McCormack, im Vorfeld der Konferenz, an der etwa 90 Delegationen teilnehmen sollen. Der Sonderbeauftragte des internationalen Nahost-Quartetts (UNO, EU, USA, Russland), der britische Ex-Premier Tony Blair, hat die internationale Gemeinschaft zu verstärkten Finanzhilfen aufgerufen. Auch an Israel wird appelliert, Grenzen zu öffnen und zurückgehaltene Zolleinnahmen freizugeben, um die finanzielle Not der Palästinenser zu lindern. (Michael Moravec aus Brüssel/DER STANDARD, Printausgabe, 17.12.2007)