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Greenpeace-Aktivisten mauerten Montag früh ungehindert die Eingänge in das EU-Ratsgebäude in Brüssel zu.

Foto: Reuters/Thierry Roge
Die Umweltorganisation Greenpeace hat am Montag das Gebäude des EU-Rates in Brüssel zugemauert. Protestiert wurde im Vorfeld des Agrarministertreffens gegen die Überfischung der Meere. Die Fangquoten stehen ebenso am Programm der Minister wie die Weinreform.

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Brüssel - Zugemauerte Eingangstore, mit Ketten versperrte Nebeneingänge, blockierte Zufahrten: Kein Weg führte Montag früh in das EU-Ratsgebäude in Brüssel. Mitarbeiter, Agrarminister samt Delegationen und Journalisten standen auf der Straße und wirkten ebenso ratlos wie die Polizei.

Die Umweltaktivisten von Greenpeace hatten am Morgen unbehindert von den Sicherheitskräften begonnen, die breite Eingangsfront einfach zuzumauern. "Geschlossen bis zur Erholung der Fischbestände", stand auf den Ziegeln. Erst zu Mittag war die Mauer von der Polizei wieder abgetragen worden, die Agrarminister konnten bereits davor durch die Tiefgarage das Haus betreten.

"Die Fischereipolitik Europas ist ein wahres Desaster für die europäischen Fischbestände. Der Fischereiministerrat lässt Jahr für Jahr die Überfischung der europäischen Meere zu", begründete Antje Helms, Greenpeace-Meeresexpertin, die Aktion. "Die europäische Fischerei ist ein milliardenschweres Minusgeschäft, das mit staatlichen Zuschüssen künstlich am Leben erhalten wird. Das muss ein Ende haben." Die Politik des Fischereirates führt laut Greenpeace seit den 80er-Jahren zu einem massiven Rückgang der kommerziell genutzten Fischbestände und der Artenvielfalt. Laut Welternährungsorganisation sind weltweit 75 Prozent der kommerziell genutzten Fischbestände fast oder völlig überfischt.

Die EU-Agrarminister, die auch für die Fischerei und die Fangquoten zuständig sind, beraten heute, Dienstag, über die zulässigen Fangmengen für 2008. Die EU-Kommission schlägt bei Kabeljau in einigen Gebieten eine Reduktion um ein Viertel vor. Massiv reduziert werden solle auch der Fang von Hering, außerdem soll der Fangstopp für Sardellen im Golf von Biskaya vor der französisch-spanischen Atlantikküste aufrecht bleiben.

Zu keiner Einigung kam es am Montag über die Weinmarktreform. Wie berichtet präsentierte Landwirtschaftskommissarin Mariann Fischer Boel eine deutlich abgeschwächte Version ihrer Vorschläge: Demnach soll eine Zuckerung von Weinen weiter möglich sein, allerdings soll das dann am Etikett vermerkt werden, was von Frankreich, Österreich und Deutschland als "diskriminierend" abgelehnt wird. Die maximale Fläche, für die Rodungsprämien gezahlt werden können - um die Überproduktion zu verringern -, sinkt von ursprünglich 400.000 auf 175.000 Hektar.

Österreich fordert hier mehr staatliches Mitspracherecht bei der Vergabe der Rodungsprämien, da eine "Flucht" der Weinbauern aus schwierigeren Lagen befürchtet wird, was wiederum Auswirkungen auf wichtige Kulturlandschaften wie die Wachau haben könnte. Ursprünglich wollte die EU-Kommission mit der Reform die hohen Produktionsüberschüsse bekämpfen und mehr auf international gefragte Qualität setzen. (Michael Moravec, Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 18.12.2007)